António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), bezeichnete den neuesten IPCC-Klimabericht als ein „Alarmzeichen für die Menschheit“. Wie sollten die Menschen die Ergebnisse des Berichts verstehen? Was verschweigen uns Journalisten heute oft, wenn es um Hitzewellen, Waldbrände und den Anstieg des Meeresspiegels geht? Michael Shellenberger ist Gründer und Präsident der gemeinnützigen Organisation „Environmental Progress“ und Autor des Buches „Apocalypse Never: Why Environmental Alarmism Hurts Us All“ – „Weltuntergang nie: Warum Umweltalarmismus uns allen schadet“.
Shellenberger wurde 2008 vom „Time“-Magazin zum „Helden der Umwelt“ ernannt und wurde unter anderem damit beauftragt, den IPCC gegenzulesen. Er hat keine Zweifel an menschlichem Einfluss auf den Klimawandel. Allerdings hält er Planwirtschaft und Antihumanismus nicht für taugliche Lösungen. Im Interview mit Jan Jekielek von The Epoch Times spricht er über Klimahysterie und die Rolle des Menschen als hilfloses Opfer.
Epoch Times: Michael Shellenberger, es ist eine Freude, Sie wieder bei „American Thought Leaders“ zu haben.
Michael Shellenberger: Danke, dass ich wieder dabei sein darf, Jan.
ET: Michael, es gibt eine Menge neuer Informationen und Berichte zum Klimawandel und den steigenden Temperaturen. Vor einigen Wochen habe ich einen Artikel in „USA Today“ gelesen, in dem es um die Ergebnisse der NOAA [National Oceanic and Atmospheric Administration, US-amerikanisches Institut für Ozeanografie und Atmosphärenforschung] ging. Der Juli war demnach im Grunde der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und dass dies eine Art Untergang bedeute. Was sind Ihre Gedanken dazu?
Shellenberger: Ja, der Klimawandel ist real. Die Erde wird immer wärmer. Seit der vorindustriellen Zeit hat sie sich um etwa ein Grad Celsius erwärmt. Es war ein heißes Jahrzehnt, aber die 1930er-Jahre sind nach wie vor die Zeit, in der die Hitzewellen am stärksten ausfielen. Die Wahrscheinlichkeit, an einem extremen Wetterereignis zu sterben, ist für den Durchschnittsmenschen um über 99 Prozent gesunken. Die Zahl der Todesfälle durch Naturkatastrophen ist insgesamt um 90 Prozent zurückgegangen.
Wir produzieren 25 Prozent mehr Lebensmittel als wir brauchen. Es gibt keine Schätzung, dass uns die Nahrungsmittel ausgehen. Wir haben uns sehr gut an den Anstieg des Meeresspiegels angepasst und werden uns auch weiterhin gut daran anpassen.
Die Niederlande sind ein Land, in dem viele Teile sieben Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Das Intergovernmental Panel on Climate Change [IPCC, Interstaatliches Gremium für den Klimawandel], das gerade einen Bericht vorgelegt hat, schätzt den Anstieg des Meeresspiegels im Durchschnitt auf etwa einen halben Meter.
Ich wehre mich also dagegen, dass die Menschen als gefährdet oder besonders verwundbar dargestellt werden. Wir sind widerstandsfähiger und sicherer als je zuvor – auch wenn wir einen Anstieg von Angstzuständen und Depressionen beobachten. Letzteres gilt insbesondere für junge Menschen, was wahrscheinlich auf die sozialen Medien zurückzuführen ist. Die Botschaft, die die Menschen hören müssen, ist, dass die große Mehrheit der Umwelttrends in die richtige Richtung geht, einschließlich des Klimawandels.
ET: Das ist faszinierend. Natürlich hatten wir eine ganze Reihe von Schlagzeilen, als der neue IPCC-Bericht herauskam. Ich habe sofort an Sie gedacht, denn es gibt einen Bericht der „Financial Times“, in dem eine Grafik zu dem dramatischen Temperaturanstieg gezeigt wird. Ich werde hier etwas zitieren: „Die Menschheit steht am Rande einer Katastrophe, aber mit kreativem Denken und kollektivem Willen haben wir vielleicht noch Zeit, die Katastrophe abzuwenden.“ Das ist eine ganz andere Sprache und eine ganz andere Botschaft als das, was Sie vorschlagen – polare Gegensätze, eigentlich.
Shellenberger: Das ist es wirklich. Die Mitteilungen der Vereinten Nationen waren unverantwortlich. Der Slogan, den sie am Tag der Veröffentlichung des IPCC-Berichts veröffentlichten, lautete „Keiner ist sicher“. Nun, praktisch gesehen ist das wohl wahr. Wir werden alle irgendwann sterben, aber das ist zutiefst irreführend.
Die „Financial Times“ hat mit „grafischer Zauberei“ eine beängstigende Grafik erstellt. Wenn man die Grafik groß genug macht und einen bestimmten Zeitraum auswählt, kann man alles erschreckend aussehen lassen. Es ist wirklich das, was sie einem nicht zeigen. Sie zeigen nicht den starken Anstieg der Nahrungsmittelüberschüsse. Sie zeigen nicht die Tatsache, dass wir diese unglaublichen Hochwasserschutzsysteme haben.
In gewissem Maße gibt es Orte auf der Welt wie Europa, wo mehr Menschen von Überschwemmungen bedroht sind. Gleichzeitig sterben dort viel weniger Menschen an Überschwemmungen, weil es dort wirklich gute Hochwasserschutzsysteme gibt. Dass in Europa mehr Menschen von Überschwemmungen betroffen sind, liegt daran, dass mehr Menschen in Gebieten leben, in denen Überschwemmungen seit jeher vorkommen, nämlich an Flussufern. Das liegt nicht an einer geringen Menge an mehr Regen. Wir sehen also bei all diesen Problemen, ob es sich nun um Waldbrände, Überschwemmungen oder Wirbelstürme handelt, dass das, was der Mensch vor Ort tut, jede Zunahme der Windgeschwindigkeit, der Niederschlagsmenge oder der Lufttemperaturen massiv aufwiegt.
Sehen Sie sich nur die Waldbrände in Kalifornien an. Ob es zu Bränden hoher Intensität kommt oder nicht, hängt davon ab, wie sie den Wald bewirtschaftet haben. Ob die Förster die Menge an Brennstoff, die sich über 100 Jahre auf dem Waldboden angesammelt hat, reduziert haben. Die Waldbewirtschaftung wiegt also die ein oder zwei Grad Temperaturunterschied auf.
ET: Es gibt hier ein paar wirklich interessante Gesichtspunkte, denn ich sehe immer wieder, dass extreme Wetterereignisse und diese Brände als direkter Beweis für die katastrophalen Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels angeführt werden.
Shellenberger: Die Klimaalarmisten versuchen Ihnen vorzugaukeln, dass ein Temperaturanstieg gleichbedeutend mit einer Katastrophe ist. Das liegt ganz einfach daran, dass wir unsere Bauernhöfe, unsere Städte und unsere Naturschutzgebiete auf eine bestimmte Temperatur eingestellt haben.
Aber wenn man die Wahl hätte, würde man es lieber etwas wärmer als kühler haben, denn es sterben viel mehr Menschen an Kälte als an Hitze. Die Zahl der Todesfälle durch Hitzewellen ist in den Vereinigten Staaten um 50 bis 75 Prozent zurückgegangen, und zwar ausschließlich aufgrund der zunehmenden Klimatisierung. Es gab schon immer Orte auf der Erde, die für den Menschen zu heiß waren. Mit Klimaanlagen und Heizungen haben wir einen viel größeren Teil der Erde bewohnbar gemacht.
Was wir heute erleben, ist Klimapessimismus, und der ist übrigens sehr deprimierend. Er macht Kinder depressiv und ängstlich. Aber der Klimapessimismus ist völlig unbegründet, wenn man bedenkt, was in der physischen Welt passiert. In der physischen Welt gibt es nur eine Grundlage für Klimaoptimismus.
Was aber wirklich passiert ist, ist eine Veränderung in der Wahrnehmung von Journalisten und anderen Medieneliten von den 1930er-Jahren bis heute: Von einem Standpunkt, der sogar während der Weltwirtschaftskrise von erheblichem Optimismus geprägt war, bis hin zu heute, wo die Eliten im Grunde in religiösem Eifer glauben, dass die Welt untergeht. Dann interpretieren sie die Ereignisse um sich herum in diesem Rahmen.
ET: Lassen Sie uns über den IPCC-Bericht sprechen. Ich habe mich nicht näher damit befasst, aber Sie haben gesagt, dass Sie den Bericht für korrekt halten. Es ist nur so, dass die Zusammenfassung eine Art von katastrophalen Problemen suggeriert, mit denen man sich dringend befassen muss. Wie kann das so anders sein, wenn der Inhalt tatsächlich dem entspricht, worüber Sie sprechen?
Shellenberger: Da gibt es ein paar Dinge. Erstens sind die naturwissenschaftlichen Ergebnisse des IPCC größtenteils korrekt. Darin leisten sie ziemlich gute Arbeit. Die große Mehrheit der Verzerrungen und des Pessimismus kommt in der von Ihnen beschriebenen Zusammenfassung, in den Pressemitteilungen und Erklärungen zum Ausdruck. Die Verzerrungen finden also vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit statt.
In diesem jüngsten Bericht gab es jedoch einige Fehlentwicklungen in den tatsächlichen Szenarien, die sie erstellt haben. Etwa die Hälfte der Szenarien geht von wesentlich höheren Emissionswerten und damit von einer stärkeren Erwärmung in der Zukunft aus, als die meisten Experten für möglich halten. Dabei gehen sie davon aus, dass die von den Menschen verbrannte Kohlemenge sechsmal so hoch sein wird wie heute.
Viele der Szenarien, die ein wirklich beängstigendes Bild der Zukunft zeichnen, beruhen auf Annahmen über die Kohlenutzung, die nach Ansicht von Experten nicht eintreten werden. Das ist also ein Bereich, in dem der IPCC bei seiner Aufgabe, einen genauen Überblick über die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu geben, wirklich versagt hat.
ET: Lassen Sie uns über Kohle sprechen. Mir ist bekannt, dass China unter der Kommunistischen Partei den Bau von Kohlekraftwerken massiv vorantreibt. Wenn China so viel in Kohle investiert und natürlich im Rahmen des Pariser Abkommens und anderer Bemühungen nicht rechenschaftspflichtig ist, können die Emissionen durch die Kohlefeuerung in China dann vielleicht doch derart stark stiegen?
Shellenberger: Es ist immer schwierig, sich ein klares Bild davon zu machen, was in Bezug auf Chinas künftige Energieversorgung vor sich geht. Ich war vor Ort und habe mit vielen Menschen gesprochen, die versuchen zu verstehen, was vor sich geht, da es sich um eine Planwirtschaft handelt. Es gibt verschiedene Interessengruppen, die die Kohle, die Kernkraft, die Solarenergie und andere erneuerbare Energien vertreten. Wir wissen, dass Erdgas in diesem Jahr gegen Ende der Pandemie sehr viel teurer geworden ist. Das bedeutet, dass in Ländern wie China verstärkt auf Kohle umgestellt wurde. Aber China setzt auch viel auf Kernenergie.
Aus ökologischer Sicht ist die Kernkraft am besten geeignet, da sie nur sehr wenige natürliche Ressourcen benötigt und keine Luft- und Wasserverschmutzung verursacht. Im Gegensatz zu Solar-, Kohle- und Windturbinen, die einfach in die Natur oder auf Mülldeponien gekippt werden.
Meine Bedenken gegenüber China in Bezug auf die Kernenergie haben nichts mit der Umwelt zu tun. Die Wahrheit über die Kernkraft ist, dass sie eine Technologie mit doppeltem Verwendungszweck ist. Man kann sie nutzen, um auf möglichst umweltverträgliche Weise Strom zu erzeugen, aber man kann die Materialien auch zur Herstellung von Waffen verwenden.
ET: Sie haben gesagt, dass die Abfälle aus der Kernenergie noch nie jemandem geschadet haben, ich glaube, das haben Sie gesagt. Ist das tatsächlich der Fall? Mir fallen Beispiele ein, wo Menschen zu Schaden gekommen sind.
Shellenberger: Wenn wir von Atommüll sprechen, meinen wir die Brennstäbe aus privaten/kommerziellen Atomkraftwerken. Während des Zweiten Weltkriegs, als man Atomwaffen herstellte, gab es eine Menge Schlamassel. Nuklearwaffen sind etwas völlig anderes. Das ist nicht das, was wir in den meisten Fällen als Atommüll bezeichnen.
Der Grund, warum die Kernkraft so gut für die Umwelt ist, liegt in der Energiedichte. Sie erzeugt eine große Menge an Energie. Diese Menge – eine Tasse voll – Uran kann mich mit der gesamten Energie versorgen, die ich für mein ganzes energiereiches Leben benötige, im Gegensatz zu vielen, vielen Zugwaggons mit Kohle, vielen, vielen Kanistern Petroleum oder dem Äquivalent von Benzin oder Erdgas.
Das ist also das Besondere an der Kernenergie. Natürlich ist es die konzentrierte Form, die sie zu einer so mächtigen Waffe macht. Aus Umweltsicht ist es jedoch wünschenswert, die Energie und andere Produktionsformen zu konzentrieren, denn so lassen sich die Auswirkungen auf die Natur verringern.
ET: Ich werde das noch ein bisschen weiter ausführen. In Japan hatten wir den jüngsten Atomunfall. Und ich glaube, dass der Fallout, um ein schlechtes Wortspiel zu verwenden, darin bestand, dass viele Menschen weniger Interesse am Bau von Kernkraftwerken hatten. Ich denke, dass es da einen Zusammenhang gibt.
Shellenberger: Da haben Sie sicher recht. Der Unfall im japanischen Fukushima 2011 war für die Menschen beängstigend, und es handelte sich um einen großen Industrieunfall. Wir wissen aber auch, dass die von diesem Unfall ausgehende Strahlung nicht ausreicht, um Krebs zu verursachen oder jemanden zu verletzen. Verlassen Sie sich nicht auf mein Wort. Sie können die Berichte darüber lesen.
Es ist die Art von Unfall, die man bei einer Technologie erwartet, die sich noch in der Entwicklung befindet. Bei der Kernenergie denken die Leute, dass es sie schon lange gibt, weil wir kein besonders gutes historisches Gedächtnis haben. Wir nutzen Kohle seit 400 Jahren. Öl und Gas nutzen wir seit über 150 Jahren. Die Kernkraft ist eine sehr junge Technologie. Es gibt sie eigentlich erst seit 50 bis 60 Jahren.
Man muss also mit einer gewissen Anzahl von Unfällen rechnen. Aber man darf nicht vergessen, dass bei der Explosion von „Deepwater Horizon“ und Offshore-Ölplattformen Menschen sterben. Wenn Erdgaspipelines explodieren, sterben Menschen. Der schlimmste Kernkraftwerksunfall in der Geschichte war Tschernobyl. In den ersten paar Jahren nach dem Unfall starben weniger als 50 Menschen. Die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass insgesamt nur 200 Menschen über einen Zeitraum von 80 Jahren an dem Schilddrüsenkrebs starben, den sie bekommen haben.
Dem stehen 6 Millionen Menschen gegenüber, die jedes Jahr vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung sterben. Da die Kernenergie keine Luftverschmutzung verursacht, hat die Kernenergie nach einer Schätzung allein durch die Vermeidung der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der damit verbundenen Luftverschmutzung 2 Millionen Menschenleben gerettet.
ET: Das ist eigentlich eine ziemlich faszinierende Sichtweise, denn die Verschmutzung ist das eigentliche Problem. Es ist nicht der Anstieg der Temperatur.
Shellenberger: Es ist ja nicht so, dass man etwas Verschmutzung einatmet und sofort stirbt. Aber wir gehen davon aus, dass nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation 6 Millionen Menschenleben pro Jahr durch das Einatmen von Luftverschmutzung verkürzt werden. Der Mensch kann höhere Temperaturen überleben. Das ist überall auf der Welt so, wenn Sie jemals im Nahen Osten waren. Ich war einmal in Dubai und musste die ganze Zeit über drinnen bleiben. Es war einfach zu heiß, um draußen zu sein.
Dieses Sicherheitsdenken, dieses Bild vom zebrechlichen Menschen, schutzlos gegenüber allem, was in der Welt passiert, rührt von einer psychisch gestörten Sichtweise her. Paradoxerweise kommt sie daher, dass wir so sicher sind. Wir haben einfach nicht so viel, worüber wir uns Sorgen machen müssen.
Ich war gerade bei unserem Familientreffen in Indiana. Meine Mutter ist auf einer Farm aufgewachsen, und sie haben ihre Kindheit in den 1930er- und 1940er-Jahren beschrieben. Die Menschen starben, sie bekamen die Masern, sie bekamen Mumps, den Leuten wurden Finger und Hände abgehackt, Babys starben. Es war das reinste Chaos. Und ich fragte: „Aber hattet ihr eine glückliche Kindheit“ „Oh ja, wir hatten eine tolle Kindheit.“
Und jetzt sind alle unglücklich, obwohl niemand verletzt wird, Finger verliert oder an Masern oder Mumps erkrankt. Wir sollten energisch gegen Pandemien vorgehen, so wie wir es mit dem Coronavirus getan haben, aber sehen Sie sich nur die Übertreibung an, mit der so vieles geschieht. Das ist der Sicherheitswahn, die Art von Paranoia oder Neurotizismus, die wir als eines der Nebenprodukte davon ansehen, dass wir so sicher und so erfolgreich unsere Kinder und uns selbst schützen konnten.
ET: In früheren Gesprächen haben wir über das ideologische Interesse an erneuerbaren Energien gesprochen, das Sie ernsthaft infrage stellen. Sie argumentieren, dass die erneuerbaren Energien eigentlich das Problem sind, nicht die Lösung.
Shellenberger: Ja, das ist richtig. Erneuerbare Energien, also Photovoltaik, Windstrom, die Verbrennung von Holz – sie benötigen mehr von der natürlichen Welt. Sie benötigen etwa 300 Mal mehr Land, um die gleiche Menge an Strom aus einem Solarpark oder einem industriellen Windpark zu erzeugen, als aus einem Erdgas- oder Kernkraftwerk. Sie haben sehr große Auswirkungen auf die Tierwelt.
Letzte Woche wurde eine Klage eingereicht, um den Bau industrieller Windparks vor der [amerikanischen] Ostküste zu stoppen, weil sie die Existenz der am stärksten gefährdeten Walart der Welt, des Atlantischen Nordkapers [Art der Glattwale], bedrohen würden. Es gibt weniger als 200 brütende Weibchen. Und hier will man diese gigantischen industriellen Windparks bauen.
In Kalifornien haben wir gesehen, dass Dutzende von gefährdeten Wüstenschildkröten starben, nachdem sie von einem großen Solarpark umgesiedelt worden waren. Jetzt sehen wir, dass der Gouverneur von Kalifornien, der nächsten Monat möglicherweise abgewählt wird, versucht hat, unser letztes Kernkraftwerk abzuschalten, obwohl es – ich mache keine Witze – Lebensraum für Seelöwen und Robben geworden ist. Wenn Sie das Kernkraftwerk Diablo Canyon an der Zentralküste Kaliforniens besuchen, können Sie all diese Tiere sehen, die sich um das Kraftwerk scharen, weil es sauberes, frisches Wasser ist, das etwas wärmer ist.
Dieses Kernkraftwerk versorgt 3 Millionen Menschen mit Strom. Der Gouverneur versucht jedoch weiterhin, das Kraftwerk abzuschalten, weil er eine Ideologie der Harmonisierung mit der natürlichen Welt und der Angst vor der Kernenergie vertritt. Stattdessen soll das Verbrennen von Dieselkraftstoff wieder erlaubt werden.
ET: Michael, Sie sagen, dass viele dieser Leute im Grunde die Natur wiederherstellen wollen und dass Offshore-Windparks eine Möglichkeit sind, dies zu erreichen. Warum sind sie so unsensibel gegenüber der Realität des Glattwals zum Beispiel? Wie funktioniert das?
Shellenberger: Ja, es scheint paradox zu sein. Leute, die behaupten, sich so sehr um die Natur zu kümmern, fördern Energiequellen, die gefährdete und bedrohte Arten direkt töten, egal ob es sich um einen großen Solarpark in Nevada oder einen großen industriellen Windpark vor der Ostküste handelt. Das scheint paradox zu sein.
Aber man darf nicht vergessen, dass die Leute, die diese Projekte befürworten, zutiefst ideologisch geprägt sind. Sie sind von der natürlichen Welt weit entfernt. Ich sehe das überall. Beispielsweise sind es die Leute, die bei einem Waldbrand völlig ausflippen, die, die nicht in Kalifornien leben oder die, die zugeben, dass sie nicht wandern oder zelten.
Und wir müssen sie daran erinnern, dass Brände ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems Wald sind. Die meisten Wälder brauchen ein gewisses Maß an Feuer, damit sich die Samen und der Boden regenerieren können. Wir wollen keine Brände mit hoher Intensität. Wir wollen die weniger intensiven Brände. Aber die meisten Journalisten unterscheiden nicht zwischen diesen beiden Dingen. Ihre Eltern und Großeltern lebten und arbeiteten in den Städten. Es sind Menschen, die sich selten in der Natur aufhalten. Sie fühlen sich von der Idee der Natur angezogen. Aber sie verbringen nicht viel Zeit in der Natur oder arbeiten nicht mit ihr.
Sie wissen nicht, wie man einen Wald bewirtschaftet. Sie wissen nicht, dass Wüstenlandschaften voller Leben sind und eine Vielzahl von Arten beherbergen. Und sie wissen nicht, dass sich die Fischer an der Atlantikküste bemühen, Wale nicht zu verletzen. Sie haben sehr ausgeklügelte Verfahren, um Wale nicht zu verletzen. Man kann nicht einfach große Industrieprojekte an Orten mit kritischem Lebensraum bauen, ohne gefährdete Arten zu töten.
Das Leben fortschrittlicher Menschen neigt dazu, sich sehr weit von der physischen Realität zu entfernen, sei es in der Landwirtschaft, der Fischerei, der Jagd, der Produktion, dem Lkw-Verkehr – einfach dem grundlegenden physischen Funktionieren der Gesellschaft. Und es wird nur noch schlimmer. Wohlhabende Menschen lassen sich im Grunde alle ihre Lebensmittel und Produkte nach Hause liefern. Früher dachten die Menschen, dass die Lebensmittel aus den Supermärkten kommen. Sie wussten nicht, dass sie von Bauernhöfen kamen. Jetzt denken wir, es kommt von einem Amazon-Lieferwagen.
Hier gibt es also eine Entkopplung. Ein weiterer Grund ist die Ideologie der Menschen, die so viel Zeit im Internet verbringen. Ihre Vorstellung von der Natur unterscheidet sich also sehr stark von dem, was die Natur tatsächlich ist. Wir sehen auch ein Vergessen der Geschichte. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir in den 1930er-Jahren die schlimmsten Hitzewellen hatten, aber das ist den Menschen einfach egal. Sie haben kein gutes Gedächtnis mehr.
Heute konzentrieren sich viele Menschen auf die Opfer. Sie konzentrieren sich wirklich auf die Rettung von Opfern und darauf, das Opfer zu spielen, was in vielen Fällen pathologisch ist. Sie sind entschlossen, Menschen zu retten, und das ist ihr Wunsch. In gewisser Weise ist es ein Machtstreben.
Bestehen Sie darauf, dass andere Menschen schwächer sind als Sie, damit Sie sie retten können. Das hat etwas zutiefst Unheimliches an sich. Es ist wirklich ein Anathema für die traditionelle progressive linke Politik, die sich die menschliche Macht zu eigen gemacht hat.
Ich möchte mich in die Tradition der Menschen stellen, die die Überwindung der Unterdrückung feiern, von Moses über Martin Luther King bis hin zu den Menschen in Taiwan, die sich heldenhaft gegen die chinesische Vorherrschaft wehren, und den Menschen in Hongkong und den Menschen, die sich gegen die Apartheid gewehrt haben. Das sind die Menschen und Bewegungen, die ich unterstütze und wertschätze. Ich bin nicht damit einverstanden, die Menschen in Bangladesch als hilflos gegenüber einem Anstieg des Meeresspiegels um einen halben Meter zu betrachten. Das ist herablassend und beleidigend. Es spiegelt etwas ziemlich Neurotisches und Hysterisches wider.
ET: Es ist wirklich ein grundlegender Wertewandel. Im Kern geht es darum, das Opfer zu verankern. Ist es das, was Sie sagen wollen?
Shellenberger: Ich wünschte, ich könnte sagen, dass etwas Intelligenteres dahinter steckt, aber es ist wirklich so dumm. Es ist die Vorstellung, dass Opfer moralischer sind als alle anderen, und dass wir Menschen entweder als Opfer oder als Unterdrücker einstufen können. Wir wissen, dass Menschen zu Opfern werden. Menschen werden verletzt. Menschen werden von anderen Menschen unterdrückt, aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte.
In der klassischen Heldenreise, die in vielen Religionen und in vielen Hollywood-Filmen als Vorbild dient, ist es Teil der Reise zum Heldentum, Opfer zu werden und verletzt zu werden. Es geht darum, wie man diese äußeren Unterdrücker überwindet und wie man seine inneren Ressourcen anzapft; um Mentalität; um Überwindung. Es geht um den Glauben.
Und bis zu einem gewissen Grad geht es auch darum, an sich selbst zu glauben und daran, dass man es schaffen wird. Das ist seit Tausenden von Jahren das Herzstück unserer größten spirituellen und politischen Traditionen. Das ist der Teil, der mir etwas Hoffnung gibt. Diese Opferverehrung oder Opferideologie oder Viktimologie kann nicht von Dauer sein, denn die große Mehrheit von uns sieht sich nicht als Opfer. Wir wollen nicht, dass unsere Kinder sich als Opfer sehen. Wir wollen nicht mit Menschen zu tun haben, die andere Menschen als Opfer und hilflos abstempeln. [Auch] die Vorstellung, dass wir zulassen sollten, dass sich Menschen selbst zerstören, weil sie Opfer sind, ist bizarr und offensichtlich falsch.
ET: Michael, irgendwelche abschließenden Gedanken zum Schluss?
Shellenberger: Ich möchte nur sagen, dass wir uns in einer Übergangsphase von einem alten, sterbenden Paradigma zu etwas Neuem befinden, etwas, das sich nicht so leicht in die Kategorien links und rechts einordnen lässt. In mancher Hinsicht ist es eine sehr dunkle Zeit, aber in mancher Hinsicht ist es auch ein sehr aufregender Moment, denn was in den nächsten Jahren auf uns zukommt und was das für das politische Leben in Amerika bedeutet, könnte sehr positiv sein.
ET: Michael Shellenberger, ich schätze Ihren Optimismus in Zeiten, die sehr düster erscheinen können, sehr. Es ist ein Vergnügen, Sie hier zu haben.
Shellenberger: Danke, dass ich dabei sein durfte, Jan.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Michael Shellenberger: Reports of a Coming Climate Catastrophe Have Been Greatly Exaggerated (deutsche Bearbeitung ger)
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 16, vom 30. Oktober 2021.
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