Strafverteidiger fordern: Mordparagraf und lebenslange Freiheitsstrafe abschaffen

Die lebenslange Freiheitsstrafe sollte aus Sicht Hunderter Strafverteidiger aus ganz Deutschland abgeschafft werden. Das sei eine unmenschliche Strafe. Auch die Abschaffung des Mordparagrafen wird gefordert. Ein Blick auf den Bremer Strafverteidigertag vom 24.-26.3.2017.
Titelbild
"Die Tötungsdeliktsnormen (Mordparagraf), die aus dem Nazi-Strafrecht übernommen wurden, sollen endlich reformiert werden", Strafverteidigertag 2017 in Bremen.Foto: Oliver Berg/dpa/dpa
Von 27. März 2017

Über 800 „Strafverteidiger und Strafverteidigerinnen, Vertreter*innen der Justiz und Wissenschaft“ trafen sich im Bremen auf dem Strafverteidigertag unter dem Titel „Schrei nach Strafe“.

Die lebenslange Freiheitsstrafe sollte aus Sicht Hunderter Strafverteidiger aus ganz Deutschland abgeschafft werden. Das sei eine unmenschliche Strafe. Jeder Mensch müsse eine Chance haben, in die Gesellschaft zurückzukehren, sagte der Rechtsanwalt Armin von Döllen nach dem Kongress in Bremen.

Die lebenslange Freiheitsstrafe dauert mindestens 15 Jahre und kann danach auf Bewährung ausgesetzt werden. Zum Abschluss des dreitägigen Kongresses in Bremen forderten die Juristen und Wissenschaftler auch die Abschaffung des Mordparagrafen.

Dieser lautet: (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. (Quelle:dejure)

Gabriele Heinecke, Strafverteidigerin in Hamburg sagt im Video, dass härtere Strafen gar nichts nützen: „Sie sind kontrapunktiv, sie bringen Menschen ins Gefängnis und im Gefängnis ist noch niemand besser geworden.“

Aufforderungen an die Politik

In einer abschließenden Erklärung fordern die Strafverteidiger die politischen Parteien auf, nicht ständig neue Straftatbestände zu erfinden. Das gefährde die Freiheitsrechte der Bürger und den Rechtsstaat. Als Beispiel nennen sie die Silvesternacht in Köln oder der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt: Dort versagte nicht das Strafrecht, sondern die Vollzugsbehörden.

Sie fordern in ihrer Abschlusserklärung dringende Reformen:

• Das Recht der Pflichtverteidigung reformieren und die Untersuchungshaft neu ordnen. So sollen Pflichtverteidiger nicht mehr von Richtern unter den Richtlinien eines einfachen und schnellen Verfahrens ausgewählt werden. Untersuchungshaft soll auf tatsächlich erforderliche Fälle beschränkt werden.

• Für die Ermittlungsverfahren „werden u.a. die audiovisuelle Aufzeichnung polizeilicher Vernehmungen und ein gesetzliches Verbot der Tatprovokation gefordert.

• Hauptverhandlung in Strafsachen sollen dokumentiert werden.

• Opferrechte sollen effektiv, aber außerhalb des Strafverfahrens, gestärkt werden.

• Die „Ersatzfreiheitsstrafe, die Mittellose trifft, soll abgeschafft werden. Die Ersatzfreiheitsstrafe trifft Menschen, die nicht fähig oder finanziell nicht in der Lage sind, Geldstrafen zu bezahlen. Sie benötigen Hilfe, nicht Haft.“

• Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe: „Diese ist schädlich, unterminiert den Anspruch auf Resozialisierung, wirft weitgehende verfassungsrechtliche Probleme auf und ist unter Gesichtspunkten der Prävention unsinnig.“

• „Die Tötungsdeliktsnormen (Mordparagraf), die aus dem Nazi-Strafrecht übernommen wurden, sollen endlich reformiert werden.“ (ks mit Material von dpa)

Video: „Schrei nach Strafe“ zum Strafverteidigertag 2017 in Bremen

https://www.youtube.com/watch?v=ku_KjccuqXo

 



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