Wie hoch ist die wahre Inflation?
Die Älteren erzählen oft: Früher hatte ich im Aldi für 100 Mark eingekauft und der Einkaufswagen war bis zum Rand voll. Heute bekomme ich für 100 Euro noch nicht einmal die Hälfte.
Denn sobald die Inflation höher wird als die Zinsen, die man auf das Sparbuch bekommt, findet eine schleichende Enteignung der Sparer statt. Das gute alte Sparbuch verliert immer mehr an Wert. Angela Merkel sagte:
Die Inflation ist eine der perfidesten Formen der Enteignung der kleinen Sparer ohne Sachwerte.
Das Statistische Bundesamt erklärt, dass die Verbraucherpreise 2017 um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind, es benutzt dazu den sogenannten Verbraucherpreisindex. Doch ist das die wahre Inflation? Inflationsrate und Verbraucherpreisindex werden oft verwechselt oder sogar als identisch betrachtet.
Um sich in der Wirtschaft einer Berechnung der Inflation anzunähern, wird eine andere Methode und eine einfache Formel benutzt: Inflation ist der Zuwachs der Geldmenge („M3“) minus dem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes. Inflation hat demnach etwas mit der Geldmenge und dem Bruttoinlandsprodukt zu tun, also den im Land innerhalb eines Jahres hergestellten und verbrauchten Waren und Dienstleitungen
Dabei stieg im September 2017 die Geldmenge um 5,1 Prozent, das BIP um 2,3 Prozent. Somit käme man näherungsweise auf 2,8 Prozent „Wahre Inflation“.
Die tatsächliche wahre Inflation ist nicht einfach zu ermitteln. Sie liegt jedoch über dem vom statistischen Bundesamt angegeben Wert von 1,8%.
Hinzu kommt: Durch unterschiedliches Einkaufsverhalten hat jeder eine individuelle Inflationsrate. Wer mit dem Fahrrad fährt ist nicht so stark von einer Benzinpreiserhöhung betroffen wie ein Autofahrer, der jeden Tag 100 km zurücklegt. Wer Biolebensmittel kauft, interessiert sich mehr für den Preisanstieg im Biosegment als für den Preisanstieg bei chemisch gedüngten Lebensmitteln.
Warum wird die Inflation kleingerechnet?
Dabei spielen zwei Gründe eine Rolle, schrieb Marc-Stehan Arnold bereits 2013.
Wirtschaftswachstum
Wird eine möglichst geringe Inflationsrate angegeben, erscheint das Wirtschaftswachstum größer.
„Wenn beispielsweise die Wirtschaft um 2 Prozent wächst, die Inflation tatsächlich aber bei 10 Prozent liegt, dann würde die Wirtschaft – grob vereinfacht ausgedrückt – eigentlich um 8 Prozent schrumpfen (2-10 = -8). Also benutzt man allerlei Tricks, um die Inflation beispielsweise auf nur 1 Prozent runterzurechnen, und schon hat man – statt den 8 Prozent Rückgang – ein Wirtschaftswachstum von immerhin 1 Prozent.“ Quelle: Marc-Stehan Arnold
Würde die tatsächliche Inflation bekanntgegeben, würde kaum einer mehr sein Geld sparen wollen – vielleicht würde er sich sogar lieber in Naturalien auszahlen lassen. Das hieße, echte Werte für die geleistete Arbeit einzufordern. (ra/ks)
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