Türkei am Abgrund: Erdogan muss handeln, um Land wirtschaftlich noch zu retten
Die Türkei steht am Abgrund. Die türkische Lira fällt von einem Allzeit-Tief zu nächsten und es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich bald etwas daran ändern wird.
„Die Türkei befindet sich in einer zerbrechlichen, um nicht zu sagen kritischen Lage – politisch genauso wie wirtschaftlich“, schreibt „Focus“ und zitiert dabei aus einer aktuellen Analyse der Berenberg Bank. Die Autoren der Studie erwarten, dass die Türkische Wirtschaft in den nächsten Jahren erheblich verfallen wird.
Grund für das Fiasko seien Terroranschläge, Touristenebbe und der Abfluss von Kapital, erschwerend hinzu kämen der starke US-Dollar, steigende Ölpreise und ein weltweit zunehmender Nationalismus.
Der Kern des Problems, so Focus weiter, sei die klassische Herausforderung für jedes Schwellenland, bei der es einerseits eine wachsende konsumhungrige Mittelschicht gebe und andererseits reichen aber das Kapital und die Produktionskraft der einheimischen Konzerne nicht aus, um die Bedürfnisse aller Konsumenten zu decken und die Möglichkeiten der Unternehmen auszureizen.
Die Produktions- und Finanzierungslücke müsse die Türkei durch ausländisches Kapital und den Import ausländischer Waren auffüllen, auch das Öl werde fast komplett importiert. Ausländische Devisen würden durch die abnehmende Tourismus-Industrie und durch Terroranschläge weiterhin abnehmen, das Bruttoinlandsprodukt liege bei nur fast fünf Prozent, so Focus unter Berufung auf Berenberg.
Somit sei die Türkei extrem abhängig von globalen Geldströmen und ganz besonders der US-Geldpolitik. „Die Türkei ist den Launen der Investoren schutzlos ausgeliefert, die einen bedenklichen Abfluss ausländischen Kapitals zur Folge haben können“, so die Experten. Anhaltende politische Schwierigkeiten setzten der Lira ganz besonders zu.
Erdogan muss endlich handeln
Auch eine aktuelle Studie der Commerzbank zeigt, dass die türkische Wirtschaftskonjunktur abgestürzt und die Währung immer weniger wert ist. Eine Lösung der Probleme bestünde in höheren Zinsen, schreibt „Focus“ weiter, aber Staatspräsident Erdogan verhindere dies – noch.
Nach dem Putsch in der Türkei hatte Erdogan 100.000 Staatsdiener entlassen, damit leide auch der private Konsum. Zusätzlich würden Investitionen sinken, weil der Staatspräsident viele Privatunternehmen konfiszieren ließ. Die Inflation im Land sei auf 8,5 Prozent gesprungen.
Mit hoher Inflation und niedrigen Zinsen kann meine keine Anleger ins Land locken, so die Experten. Derzeit liege der Leitzins bei 8 Prozent. Es ist ein Teufelskreis, denn die Türkei braucht zunehmend Geld von außen, um ihre milliardenteuren Importe zu finanzieren. Doch ohne akzeptablen Zins kommen keine Anleger, schreibt Focus weiter.
„An einer Erhöhung der Leitzinsen geht kein Weg vorbei“, empfiehlt die Studie den türkischen Notenbankern und der Politik. Nur so könne die Talfahrt der Lira gestoppt werden. Erdogan fordere aber immer wieder sinkende Leitzinsen.
„Sollte die Notenbank aus politischen Gründen die Zinsen trotzdem nicht anheben, wird die Kapitalflucht zunehmen und die Lira noch stärker abwerten“, so die Autoren der Studie. Damit würde das Land noch tiefer in die Krise sacken.
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