Kritiker fürchten Schaffung von Designer-Babys: Erstes Krankenhaus in Großbritannien darf Babys mit drei Elternteilen erzeugen
Im vergangenen Jahr hat Großbritannien als erstes Land die künstliche Befruchtung mit Genmaterial von drei Elternteilen erlaubt – nun wurde das erste Krankenhaus ausgewählt, das die Methode anwenden darf.
Wie die zuständige Aufsichtsbehörde am Donnerstag bekannt gab, darf die Fortpflanzungsklinik im nordostenglischen Newcastle die von ihr selbst entwickelte Technik anwenden. Sie betrifft Frauen, die unter einer Fehlfunktion der Mitochondrien leiden.
Das Parlament in London hatte die künstliche Erzeugung von Babys mit drei Elternteilen bereits im Februar 2015 gebilligt, im Dezember gab die Behörde für menschliche Befruchtung und Embryologie (HFEA) grünes Licht. Die HFEA muss aber vor der Anwendung der Methode über jeden Einzelfall entscheiden.
HFEA-Chefin Sally Cheshire sagte, die Erlaubnis für die Klinik in Newcastle sei der „Höhepunkt vieler Jahre harter Arbeit von Forschern, klinischen Experten und Regulierungsbehörden“. „Patienten können nun individuell bei der HFEA beantragen, sich einer Mitochondrienspende zu unterziehen“. sagte Cheshire. Dies werde das Leben der Frauen verändern, die vermeiden wollten, ernsthafte genetische Erkrankungen weiterzuvererben.
Rund 125 Babys werden jedes Jahr in Großbritannien mit einer sogenannten Mitochondriopathie geboren. Diese wird von der Mutter vererbt. Die Mitochondrien sind winzige Organismen in den Zellen, die Glukose in Energiemoleküle verwandeln. Bei einer Fehlfunktion verfügt der Organismus nicht über ausreichend Energie, was zu schweren degenerativen Krankheiten wie Diabetes oder Muskelschwäche führen kann.
Bei der in Newcastle entwickelten Technik wird die Übertragung der Mitochondriopathie von der Mutter auf das Kind blockiert, indem die defekte Mitochondrie aus der Eizelle entfernt und durch eine Mitochondrie einer anderen Frau ersetzt wird. Die andere Frau bleibt dabei anonym. Die so veränderte Eizelle wird anschließend im Labor mit dem Sperma des Vaters befruchtet und dann in die Gebärmutter der Mutter eingesetzt.
Das so entstehende Kind wird die Charakteristika seiner Mutter und seines Vaters aufweisen, weil der von der fremden Frau stammende Anteil an den Erbanlagen nur gering ist: Die DNA einer Mitochondrie macht nur ein Prozent der gesamten DNA in einer menschlichen Zelle aus. Die Veränderung des Erbgutes wird aber von Generation zu Generation weitergegeben.
Mitochondrien-Spende nicht ohne medizinische Risiken
Doch die Mitochondrien-Spende ist nicht ohne medizinische Risiken. Eines der Probleme liegt darin, dass die mütterlichen Mitochondrien meist nicht vollständig entfernt werden – eine kleine Zahl hängt meist am mütterlichen Erbgut und gelangt so in die neue Eizelle. Neuere Studien deuten an, dass sich die defekten Mitochondrien im Laufe der Zeit anreichern und die Krankheit erneut auslösen könnten4. Die Mitochondropathie wäre dann nicht geheilt, sondern ihr Ausbruch nur nach hinten verschoben.
Es bleibt auch unklar, ob das mütterliche Erbgut problemlos mit den Genen zusammenarbeitet, die die Mitochondrien der Spenderin in sich tragen. Ein Mitochondrium besitzt zwar nur 37 eigene Gene, was im Vergleich zu den 20 000 Genen der Mutter verschwindend wenig ist. Aber manche dieser mitochondrialen Gene sind von zentraler Bedeutung für den Energiestoffwechsel der Zelle – schon kleinere Abstimmungsschwierigkeiten könnten fatale Folgen haben. In manchen Tierversuchen – allerdings mit Fliegen – waren derartige Probleme schon zu beobachten. (Siehe: Mitochondrien-Spende: Drei Eltern, ein Kind und viele offene Fragen)
Kritiker fürchten die Schaffung von Designer-Babys
Im vergangenen Jahr wurde bereits ein Baby mit drei Elternteilen in Mexiko geboren, wo es keine gesetzliche Regelung dazu gibt. Großbritannien ist das erste Land, in dem das Verfahren offiziell erlaubt ist. Laut HFEA-Chefin Cheshire könnte die Behandlung für rund 3000 britische Familien in Frage kommen. Sie rechne aber damit, dass viele darauf verzichteten.
Die Methode ist umstritten, Kritiker fürchten die Schaffung von Designer-Babys. Die Katholische Kirche verweist darauf, dass bei dem Verfahren menschliche Embryonen zerstört werden. Die Church of England kritisiert, dass ethische Fragen nicht ausreichend beleuchtet worden seien.
Die Klinik in Newcastle zeigte sich derweil „erfreut“ über die Entscheidung. Der Chef der britischen Gesellschaft für Fortpflanzungsmedizin, Adam Balen, sagte, es sei „ein historischer Schritt hin zur Ausrottung einer genetischen Krankheit“. (afp/so)
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