Ein „kontrollierter Putsch“: Türkischer Oppositionsführer wirft Regierung Vorabkenntnis von Putsch vor

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu wirft der Regierung von Präsident Erdogan einen "kontrollierten Putsch" vor. Es gibt schon lange Vorwürfe, die Regierung habe die Putschisten gewähren lassen, um den Staatsstreich für ihre eigenen Interessen auszunutzen.
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Straßenhändler verkaufen Schals mit dem Gesicht des türkischen Präsidenten Erdogan.Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images
Epoch Times4. April 2017

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hat der Regierung vorgeworfen, vorab Kenntnis von dem gescheiterten Militärputsch am 15. Juli gehabt zu haben. Es habe sich um einen „kontrollierten Putsch“ gehandelt, sagte der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP) am Montag vor Journalisten in Istanbul. Es gibt schon lange Vorwürfe, die Regierung habe die Putschisten gewähren lassen, um den Staatsstreich für ihre eigenen Interessen auszunutzen.

Kilicdaroglu warf der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) vor, Parteimitglieder zu decken, die das verschlüsselte Nachrichtenprogramm ByLock benutzten, das laut der Regierung von den Putschisten verwendet wurde. Der Geheimdienst habe eine Liste dieser bis zu 180 AKP-Mitglieder, sagte Kilicdaroglu. „Wenn diese Liste geheim gehalten wird, zeigt das, dass der 15. Juli ein kontrollierter Putsch war.“

Der CHP-Vorsitzende sagte, er habe ein „spezielles Dossier“ zusammengestellt zu dem Putschversuch, wollte sich aber nicht näher zu dessen Inhalt äußern. Kilicdaroglu hatte sich nach dem 15. Juli hinter Recep Tayyip Erdogan als dem gewählten Präsidenten gestellt. Es ist das erste Mal, dass der Oppositionsführer die offizielle Darstellung zum gescheiterten Staatsstreich in Zweifel zieht.

Kilicdaroglus Äußerungen sorgten umgehend für Kritik seitens der Regierung. „Wenn du ein Dossier hast, dann raus damit“, sagte Erdogan in einer Rede in der Schwarzmeerregion Rize. Die Vorwürfe seien eine „große Lüge“. Ministerpräsident Binali Yildirim sprach von einer „Beleidigung“ für die 249 Opfer des Putschversuch. Wer solche Vorwürfe erhebe, müsse „die Beweise auf den Tisch legen“.

Die CHP macht ebenso wie die Regierung die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Allerdings fordert die Oppositionspartei, dass die Regierung Auskunft zum genauen Ablauf des gescheiterten Staatsstreichs gibt. Berichten zufolge hatte Geheimdienstchef Hakan Fidan bereits Stunden vor Beginn des Putschversuches Kenntnis von der Verschwörung, ohne Erdogan darüber zu informieren.

Zudem soll Gülen, der lange mit Erdogan verbündet war, bevor er sich mit ihm im Jahr 2013 überwarf, noch immer zahlreiche Anhänger in der AKP-Führung haben. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen des 15. Juli wurde beendet, ohne dass er zentrale Zeugen vernehmen konnte. Kritiker werfen der Regierung vor, Gülen-Anhänger in der AKP schützen zu wollen.

Die Stimmung in der Türkei ist extrem angespannt vor dem Referendum am 16. April über die umstrittene Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems. Die CHP lehnt die Reform ab, mit der die Macht von Erdogan deutlich ausgeweitet würde. (afp)



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