Brasiliens Präsident ein Jahr nach Rousseffs Absetzung selbst im Zwielicht – Oppositionsparteien fordern Temers Rücktritt
Ein Jahr nach der Amtsenthebung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff sieht sich ihr Amtsnachfolger Michel Temer nun ebenfalls mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.
Der 76-jährige Präsident soll sich laut einem Bericht der Zeitung „O Globo“ vom Mittwoch mit Schweigegeld-Zahlungen an Ex-Parlamentspräsident Eduardo Cunha einverstanden gezeigt haben. Mehrere Oppositionsparteien forderten Temers Rücktritt, die Polizei startete am Donnerstag Durchsuchungen in Brasilia, Rio de Janeiro und Belo Horizonte.
Temer traf sich dem Bericht zufolge Anfang März mit dem Chef des Fleischproduzenten JBS, Joesley Batista. Dieser habe Temer dabei darüber informiert, dass er den wegen Bestechlichkeit in der Affäre um den staatlichen Ölkonzern Petrobras inhaftierten Cunha für sein Schweigen bezahle.
Mit dem Mitschnitt lasse sich beweisen, dass Temer Batista in seinem illegalen Vorgehen bestärkt habe, berichtete „O Globo“. Temers Büro wies die Vorwürfe umgehend zurück. Der Präsident habe niemals Zahlungen zugestimmt, mit denen das Schweigen Cunhas habe erkauft werden sollen.
Die Durchsuchungen der Polizei vom Donnerstag bezogen sich unter anderem auf Liegenschaften des Senators Aécio Neves, gegen den sich Rousseff in der Stichwahl um das Präsidentenamt 2014 knapp durchgesetzt hatte. Die Enthüllungen von „O Globo“ setzen auch Neves ins Zwielicht. Er soll seinerseits Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet 570.000 Euro verlangt haben.
Linksgerichtete Gegner des Präsidenten, darunter Rousseffs Arbeiterpartei (PT), forderten nach Veröffentlichung des „O Globo“-Berichts die Absetzung Temers. Der Abgeordnete Alessandro Molon beantragte ein Amtsenthebungsverfahren. In São Paulo versammelten sich hunderte Gegner Temers zu Protesten. In der Hauptstadt Brasília gab es ein Hupkonzert von Autofahrern und Rufe „Temer raus!“
„Wir wussten, dass der Präsident nicht sauber ist“, schimpfte der Professor Thiago Rocha in Brasilia. „Nun aber haben wir Belege für Unterschlagungen.“ Er habe sich aus „Durst nach Demokratie“ den spontanen Kundgebungen angeschlossen. „Wir können das nicht länger ertragen, wir sind entrüstet über diesen Putschisten-Präsident!“
Rousseffs Anhänger sehen sich mit den Enthüllungen von „O Globo“ in ihrem Vorwurf bestätigt, die Amtsenthebung der linken Präsidentin am 12. Mai 2016 sei ein „Putsch“ der konservativen und liberalen Kräfte gewesen. (afp)
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