Reformierung der Eurozone: Europäischer IWF und EU-Finanzminister
Während Deutschland noch eine neue Regierung sucht, ist in Europa die Debatte über die Reform der Eurozone bereits voll entbrannt. Am Freitag befassen sich die EU-Staats- und Regierungschefs erstmals auf einem Gipfel mit der Frage.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommission Jean-Claude Juncker haben bereits eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt. EU-Ratspräsident Donald Tusk will erste Entscheidungen bis Juni. Was diskutiert wird:
Europäischer Minister für Wirtschaft und Finanzen
Sowohl Macron als auch Juncker wollen diesen „Superminister“. Aus Sicht der Kommission würde er den Posten ihres Vizepräsidenten für Wirtschafts- und Währungsfragen mit dem Vorsitzenden der Eurogruppe verschmelzen – der Schaltstelle der 19 Länder der Währungsunion.
Deutschland und andere Länder sind nicht grundsätzlich gegen einen solchen Posten. Entscheidend dürfte sein, welche Kompetenzen der europäische Finanzminister hat. Die Mitgliedstaaten werden kaum Eingriffe in ihre nationalen Haushaltsbefugnisse zulassen.
Eigener Haushalt der Eurozone
Macron will ein eigenes Budget der Währungsunion. Aus ihm sollen Zukunftsinvestitionen und Nothilfe für Länder in Wirtschaftskrisen finanziert werden. Juncker lehnt einen separaten Haushalt der Eurozone ab. Innerhalb des EU-Budgets will aber auch er „neue Haushaltsinstrumente für eine stabile Eurozone“. Sie sollen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Reformen finanziell unterstützen und Nicht-Mitgliedern den Weg in die Währungsunion ebnen.
Hinzu kommen bei den Kommissionsvorschlägen Mittel, um Mitgliedstaaten finanziell unter die Arme zu greifen, die sich „in einem asymmetrischen Schock“ befinden – also unter einer Krise leiden, die nicht alle EU-Staaten betrifft. Aus Deutschland kommt bei solchen Plänen regelmäßig die Warnung vor einer „Transferunion“, die Gelder von reichen in ärmere EU-Staaten schaufelt.
Europäischer Währungsfonds (EWF)
Vorbild ist der Internationale Währungsfonds (IWF), der weltweit als Finanzfeuerwehr agiert und auch bei der Rettung europäischer Krisenstaaten eine wichtige Rolle spielte. Nach Plänen Junckers soll der EWF auch als letzte Möglichkeit einspringen, wenn vorhandene Gelder zur Abwicklung von Pleitebanken nicht mehr ausreichen.
Auch Macron will den Währungsfonds. Für ihn hat der IWF, der für harte Reformauflagen steht, „keinen Platz in eurpäischen Angelegenheiten“. Der Franzose will aber nicht, dass die Kompetenzen des Fonds auch in Richtung Haushaltskontrolle der Mitgliedstaaten gehen.
Eine zentrale Frage ist auch, wer künftig das Sagen bei dem Fonds haben soll. Denn der ESM ist bisher eine zwischenstaatliche Organisation unter Kontrolle der Mitgliedsländer. Die Kommission will ihn zu einer EU-Institution machen.
Eigenes Parlament der Eurozone
Macron hatte ursprünglich ein eigenes Parlament der Eurozone vorgeschlagen. Zuletzt hat er dies abgeschwächt und spricht nur noch davon, dass das heutige Europaparlament das von ihm gewünschte Budget der Eurozone und die Arbeit des europäischen Finanzministers kontrollieren soll.
Juncker hat „keine Sympathie für die Idee eines gesonderten Parlaments der Eurozone“. Er verweist darauf, dass bereits 19 der 28 EU-Mitglieder der Währungsunion angehören und letztlich alle EU-Staaten außer dem ohnehin bald austretenden Großbritannien sowie Dänemark verpflichtet sind, der Eurozone beizutreten.
Vollendung der Bankenunion
Wenn bei der Vollendung der Bankenunion „keine bedeutenden Fortschritte“ gebe, sei alles andere „sehr schwierig“, schrieb Ratspräsident Tusk in einem Arbeitsdokument für den Gipfel. Nötig sei ein detaillierter Zeitplan für die Reduzierung von Risiken bei Europas Instituten und die „schrittweise Einführung“ einer gemeinsamen Einlagensicherung für Kundengelder.
In der EU umgesetzt ist bereits eine stärkere Bankenaufsicht sowie ein Abwicklungsmechanismus für marode Institute. Vereinbart ist auch schon der Aufbau einer gemeinsame Einlagensicherung ab 2024. Deutschland macht dafür aber deutlich stärkere Anstrengungen zum Abbau von faulen Krediten bei den europäischen Banken zur Voraussetzung. (afp)
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