„Schweren Herzens“: EU-Kommission leitet beispielloses Strafverfahren gegen Polen ein
Wegen der umstrittenen Justizreformen hat die EU-Kommission ein beispielloses Strafverfahren gegen Polen beantragt, das bis zu einem Stimmrechtsentzug auf europäischer Ebene führen kann.
Die Regierung in Warschau habe insgesamt 13 Gesetze verabschiedet, die „eine ernsthafte Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz“ darstellten, sagte EU-Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans am Mittwoch.
Darüber hinaus verklagt die Behörde Polen in einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren zur Justizreform nun vor dem Europäischen Gerichtshof.
Die EU-Kommission sei diesen Schritt „schweren Herzens“ gegangen, sagte Timmermans mit Blick auf das neue Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag. Als „Hüterin der Verträge“ sei die Kommission aber verpflichtet zu handeln, wenn die Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat in Gefahr sei.
„Gemeinsames Muster“ der polnischen Justizreformen der vergangenen beiden Jahre sei, dass sie der regierenden Mehrheit die Möglichkeit gegeben hätten, „systematisch“ in das Funktionieren des Justizsystems einzugreifen, sagte der Niederländer. Er betonte gleichzeitig, dass Brüssel weiter für einen Dialog mit Warschau offen sei.
Ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag ist bisher niemals gegen einen Mitgliedstaat eingeleitet worden. Als nächstes müssen nun das Europaparlament zustimmen und die Mitgliedstaaten mit einer Mehrheit von vier Fünfteln (mindestens 22 Staaten) feststellen, dass es in Polen eine „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ von europäischen Grundrechten gibt.
Vor Sanktionen wäre dann ein einstimmiger Beschluss nötig. Die ungarische Regierung hat jedoch bereits klargemacht, dass sie diesen mit ihrem Veto verhindern würde. (afp)
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