Abgang eines Ungeliebten – François Hollande am Ende seiner Amtszeit
Manchmal schien es fast, als sehne François Hollande das Ende seiner Amtszeit herbei. „Es ist wahr, dass es eine Art Befreiung sein könnte, nicht länger hier zu sein“, sagte er einmal über Leben und Arbeit im Präsidentenpalast. „Es ist viel härter, als ich es mir vorgestellt hatte.“
Jetzt neigt sich die Zeit des Sozialisten im Pariser Elysée-Palast tatsächlich dem Ende zu: Die Franzosen wählen am 23. April und 7. Mai einen neuen Staatschef, und Hollande tritt nicht zur Wiederwahl an. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die wenigsten Franzosen dem 62-Jährigen hinterhertrauern werden. Denn in seinen Amtsjahren ist Hollande vom Hoffnungsträger zum unbeliebtesten Präsidenten in Frankreichs jüngerer Geschichte geworden.
Der Abend des 6. Mai 2012, als zehntausende Menschen auf dem Pariser Bastille-Platz dem Wahlsieger Hollande zujubelten, als der Sozialist mit heiserer Stimme immer wieder „Danke“ schrie, er liegt sehr lange zurück. Schnell begann die Entfremdung zwischen dem Präsidenten und seinem Volk.
Hollande wollte nach den Jahren des „Hyperpräsidenten“ Nicolas Sarkozy ein „normaler Präsident“ sein, volksnah, bodenständig, zugänglich. Das passte zu ihm: Er gilt als anständig, allürenfrei, sympathisch, sogar ziemlich witzig. Doch die Franzosen sind an „republikanische Monarchen“ gewöhnt – und vermissten in Zeiten der Wirtschaftskrise einen Staatschef mit Führungsstärke.
Zu häufig machte Hollande Rückzieher bei Reformprojekten, taktierte, versuchte es mit Zugeständnissen und Kompromissen allen recht zu machen, um dann alle gegen sich aufzubringen. Geradezu ratlos wirkte er im Kampf gegen das schwache Wirtschaftswachstum, gegen Werkschließungen und die unaufhaltsam steigende Arbeitslosigkeit.
Ein roter Faden war in seiner Regierungsführung oft nur schwer zu erkennen. Und als Hollande sich schließlich auf eine unternehmerfreundliche Reformpolitik festlegte, löste er eine Rebellion des linken Sozialistenflügels aus. Dem gingen seine Reformen viel zu weit; der konservativen Opposition und den Wirtschaftsverbänden gingen sie dagegen nicht weit genug. Und während sich die Partner in Berlin und Brüssel mehr Anstrengungen bei der Defizitbekämpfung wünschten, hagelte es im Inland Kritik an seinen Sparmaßnahmen.
Hollandes Zustimmungswerte rauschten auf unter 15 Prozent, so tief war nicht einmal Sarkozy gefallen. Laut einer aktuellen Umfragen sind 70 Prozent der Franzosen der Meinung, dass der Sozialist ein „schlechter Präsident“ war.
Auch wenn Hollande nach dem Anschlag auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ im Januar 2015 zwischenzeitlich zum angesehenen „Vater der Nation“ wurde; auch wenn Hollande bei Konflikten wie in Mali als entschlossener „Kriegsherr“ punkten konnte; auch wenn er sich mit dem Ende 2015 erzielten Pariser Klimaschutzabkommen schmücken kann: Für viele Franzosen fehlte dem Sozialisten einfach die Statur eines Präsidenten.
In den Augen vieler hat er sogar das Ansehen des Amtes beschädigt. Nicht gerade zuträglich waren die Paparrazi-Bilder, die zeigten, wie Hollande sich mit dem Motorroller zu seiner heimlichen Geliebten Julie Gayet fahren ließ. Und geradezu verheerend waren die dutzenden Gespräche mit Journalisten, in denen Hollande Intimes und politisch Hochbrisantes von sich gab, und die im vergangenen Jahr in mehreren Büchern veröffentlicht wurden.
Immer isolierter wirkte Hollande, zurückgezogen in den goldgeschmückten Sälen des Elysée-Palasts, eingesperrt in die Einsamkeit der Macht. „Ich bin das Gespenst des Elysée“, sagte er einmal mit melancholischer Scherzhaftigkeit.
Am Ende kapitulierte Hollande vor der eigenen Unbeliebtheit: Nach langem Zögern verkündete er im vergangenen Dezember seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur – ein beispielloser Schritt in Frankreichs Fünfter Republik.
Seitdem verteidigt er seine Bilanz, denn immer wieder hat er betont, wie wichtig es ist, welche Erinnerung von ihm bleiben wird. Doch in die Geschichtsbücher eingehen wird Hollande vermutlich eher als glückloser, gescheiterter Präsident. (afp)
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