Zunehmende Nutzung von Gesichtserkennung durch BKA alarmiert Datenschützer
Eine zunehmende Nutzung von Gesichtserkennungssoftware durch das Bundeskriminalamt (BKA) alarmiert Datenschützer. Es bestehe „die Gefahr, dass der biometrische Abgleich von biometrischen Gesichtsmerkmalen schleichend zum Standardverfahren polizeilicher Arbeit wird, ohne dass der Gesetzgeber den Umgang mit dieser Technologie auch nur ansatzweise näher ausgestaltet hätte“, sagte der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar nach Angaben vom Sonntag dem „Handelsblatt“ aus Düsseldorf.
„Allein das technisch Machbare und die Erleichterung der Polizeiarbeit rechtfertigen einen ungeregelten Einsatz derartig grundrechtlich invasiver Technologien nicht“, befand Caspar. Hintergrund sind laut „Handelsblatt“ Angaben der Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag, die der Zeitung vorliegt.
Demnach greift das BKA im Kampf gegen Kriminelle immer häufiger auf Verfahren der Gesichtserkennung zurück. Im Jahr 2016 habe es insgesamt 23.064 Recherchen im zentralen Gesichtserkennungssystem (GES) gegeben.
Die Zahl der GES-Recherchen sei somit gegenüber dem Jahr 2015 um 37,5 Prozent gestiegen; damals lag die Zahl noch bei 16.773 Fällen. Für dieses Jahr rechne die Bundesregierung mit einem weiteren Anstieg.
Caspar sieht im Einsatz von Gesichtserkennungssystemen zwar grundsätzlich eine „hilfreiche Maßnahme“, die polizeiliche Ermittlungsarbeit erleichtern und vereinfachen könne. Dies erkläre womöglich auch die steigenden Zugriffszahlen. „Wer könnte ernsthaft gegen die Nutzung von Gesichtserkennungssoftware zur Bekämpfung der Kinderpornografie sein?“, fragte er.
Es fehlen Vorgaben zur Technik
Allerdings sagte Caspar auch, dass sich in der Praxis der Einsatz gerade der Gesichtserkennungstechnologie weit weniger eindeutig gestalte.
„Es fehlen häufig am Bestimmtheitsgrundsatz ausgerichtete Eingriffsermächtigungen sowie Vorgaben, die den Bereich von Anlasstaten eingrenzen und Mindestanforderungen an die Verlässlichkeit der Technik vorgeben.“
Aus Sicht der schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten Marit Hansen wäre vor allem ein „umfassender Einsatz der automatisierten Gesichtserkennung problematisch“.
Nach geltendem Recht dürfe die Polizei zwar Bildmaterial von Straftaten mit ihren Datenbanken von verurteilten Tätern oder Fahndungsfotos abgleichen, sagte sie dem „Handelsblatt“.
„Aber die weitergehenden Ideen und praktischen Versuche, biometrische Fahndungssysteme mit Videoüberwachung zu koppeln und die Gesichter der vorbeigehenden Menschen zu scannen, sind unverhältnismäßig und nicht vom jetzigen Recht erlaubt“, ergänzte Hansen mit Blick auf ein kürzlich gestartetes Pilotprojekt zur Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz. (afp)
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