Verurteilter Auschwitz-Buchhalter Gröning stellt Gnadengesuch
Der frühere SS-Buchhalter Oskar Gröning hat ein Gnadengesuch gestellt. Das sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums am Montag dem Norddeutschen Rundfunk (NDR).
Der zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen verurteilte 96-Jährige war Ende Dezember mit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ein Gnadengesuch ist die letzte Möglichkeit für ihn, den Haftantritt zu vermeiden.
Nach NDR-Angaben ist laut niedersächsischer Gnadenordnung der leitende Oberstaatsanwalt in Lüneburg für den Fall zuständig. Bis wann er entscheiden wird, ist demnach aber nicht bekannt.
Gröning will aus gesundheitlichen Gründen erreichen, dass er Aufschub von der Vollstreckung erhält. Zuvor scheiterte er bereits vor dem Landgericht Lüneburg und dem Oberlandesgericht Celle. Er war 2015 in Lüneburg zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Gröning war Mitglied der Waffen-SS und gehörte von 1942 bis 1944 zum Verwaltungspersonal des Vernichtungslagers Auschwitz, wo er in der sogenannten Häftlingsgeldverwaltung tätig war.
Gröning sortierte das bei den Opfern gefundene Geld und leitete es nach Berlin weiter. Zudem bewachte er in einigen Fällen das Gepäck der Deportierten auf der sogenannten Rampe. Im Prozess gestand Gröning umfassend und bekundete mehrfach seine Reue.
Der Fall Gröning führte durch dessen Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) dazu, dass erstmals eine Verurteilung wegen Beihilfe zum massenhaften Mord im KZ Auschwitz höchstrichterlich bestätigt wurde. Nach lange Zeit geltender Rechtsauffassung musste NS-Verbrechern zuvor im Einzelfall nachgewiesen werden, dass sie selbst getötet hatten.
Gröning: „Gesundheitszustand bei vorherigen Entscheidungen nur unzureichend berücksichtigt“
Vor dem Bundesverfassungsgericht machte er geltend, dass sein Gesundheitszustand bei den vorherigen Entscheidungen nur unzureichend berücksichtigt worden sei. Er rügte deshalb eine Verletzung seines Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Karlsruher Richter erklärten in ihren Ende Dezember veröffentlichten Beschluss allerdings, es sei nicht erkennbar, „dass die angegriffenen Entscheidungen auf einer unzureichenden Sachaufklärung beruhen“.
Verfassungsrechtlich unbedenklich werde davon ausgegangen, „dass das hohe Lebensalter des Beschwerdeführers für sich genommen nicht ausreichend ist, um von der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs abzusehen“, erklärte das Karlsruher Gericht.
Es sei aufgrund der eingeholten Gutachten nicht erkennbar, dass bei einem Vollzug der Strafe seine Chance, wieder in Freiheit zu gelangen, „von vornherein entfällt oder sich auf einen von Siechtum und Todesnähe gekennzeichneten Lebensrest reduziert“. (afp)
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