Verkäuferin im Sex-Shop? Berliner Mutter zeigt Jobcenter an

Kann das Jobcenter Hartz IV-Empfänger zur Arbeit in einem Sex-Shop zwingen? Eine Berliner Mutter findet: Nein!
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SymbolbildFoto: Jan Woitas/Archiv/dpa
Epoch Times7. Juni 2017

Eine Berliner Mutter zeigt das Jobcenter wegen Nötigung an: Geht es nach den Arbeitsvermittlern, soll die 36-jährige Frigga Wendt, studierte Physikern der Humboldt-Uni, ihre Brötchen demnächst in einem Sex-Shop verdienen – mit Verkauf von einschlägigen Zeitschriften, Spielzeug und Co.

Sie wurde aufgefordert, dort zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen. Das wollte sie sich nicht bieten lassen.

„Nicht Ihre Dildos sind pervers, sondern der Zwang, der mich verpflichten soll, diese zu verkaufen – und dafür ggf. mein Kind und meine Arbeit mit Kindern hinten an zu stellen“, schrieb sie an den Erotik-Store in Charlottenburg, an den sie vermittelt werden sollte – mit dem Hinweis, sie nehme die Stelle nicht an.

Wendt ist eine Aufstockerin, die freiberuflich tätig ist, aber damit nicht genug verdient. „Ich gehe in Schulen, Kindergärten und Lernwerkstätten, mache mit den Kindern dort technische Experimente und bringe ihnen so die Physik näher“, sagt sie über ihre Arbeit, die auf Honorarbasis und ehrenamtlich stattfindet.

Als sie das Schreiben im Briefkasten hatte, habe sie ihren Augen nicht getraut, so Wendt zur „Berliner Zeitung“. „Ich habe ja schon so einiges erlebt mit dem Jobcenter, aber das hier hat echt eine neue Qualität. Nein, ich habe kein Interesse, für neun Euro die Stunde Dildos zu verkaufen! Erst recht nicht, wenn man mich mit der Androhung von Sanktionen dazu zwingen will!“

Sie erstattete Anzeige wegen Nötigung gegen das Jobcenter.

Linken-Chefin schaltete sich ein

Erst wenige Tage zuvor hatte es Ärger wegen des gleichen Jobs gegeben, den das Jobcenter Pankow einer 40-jährigen Langzeitarbeitslosen aufs Auge drücken wollte: Die Frau hatte, ähnlich wie Wendt, die Stelle samt Rechtsfolgenbelehrung angeboten bekommen: Wenn sie Nein sage, werde ihr Arbeitslosengeld um 60 Prozent gekürzt.

Doch auch diese Frau sagte Nein und die Linken-Vorsitzende Katja Kipping schaltete sich in den Fall ein: Sie fragte bei der Bundesregierung an, ob Hartz IV-Empfänger ein Arbeitsangebot im Erotik-Handel Folge annehmen müssen und die Verweigerung „sanktionierbar“ sei?

Die Antwort des Arbeitsministeriums ergab: Jein.

Sex-Shops sind Grau-Zone

„Der Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen im Handel und Vertreib erotischer Waren steht grundsätzlich nichts entgegen“, antwortete die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme (SPD) auf Kippings Anfrage.

„Zum Schutz der individuellen Persönlichkeitsrechte ist allerdings auch in diesen Fällen sensibel vorzugehen. Dementsprechend empfiehlt die Bundesagentur für Arbeit, derartige Vermittlungsvorschläge ohne Rechtsfolgenbelehrung zu versehen, so dass eine Arbeitsablehnung in diesem Bereich sanktionslos bleibt.“

Die Linken-Chefin forderte darauf von der Bundesregierung, schnell die Sachlage zum Thema zu klären: „Es muss klar sein, dass niemand zur Aufnahme einer bestimmten Arbeit unter fragwürdigen oder gar unsittlichen Bedingungen gezwungen wäre“, so Kipping laut „Berliner Zeitung“.

(rf)

https://www.youtube.com/watch?v=uFsU8yCB9AM



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