Steinmeier: Kommende Generationen müssen Verantwortung für Geschichte übernehmen

"Eines ist nicht verhandelbar in dieser deutschen Demokratie: das Bekenntnis zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet," so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Tag der Deutschen Einheit.
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Frank-Walter SteinmeierFoto: ARNE DEDERT/AFP/Getty Images
Epoch Times3. Oktober 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Tag der Deutschen Einheit zur offensiven Auseinandersetzung mit den Ursachen des AfD-Wahlerfolgs aufgerufen.

„Das Signal ging an uns alle, und wir müssen es beantworten“, sagte er beim Festakt am Dienstag in Mainz mit Blick auf die Bundestagswahl. Es gebe in Deutschland wieder Mauern, „die einem gemeinsamem Wir“ im Wege stünden.

Gerade am 3. Oktober „dürfen wir nicht so tun, als sei da nichts geschehen“, sagte Steinmeier. Zwar sei im Zuge der Wiedervereinigung „die große Mauer quer durch unser Land“ verschwunden. „Aber am 24. September wurde deutlich: Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen“. Der Bundespräsident verwies auf Mauern zwischen Stadt und Land, Arm und Reich sowie die „Mauern rund um die Echokammern im Internet“.

Die AfD hatte bei der Bundestagswahl vom 24. September 12,6 Prozent der Stimmen geholt. Im Osten Deutschlands erreichte sie 21,9 Prozent, im Westen 10,7 Prozent. Steinmeier erwähnte die AfD in der Mainzer Rheingoldhalle nicht direkt. Mehrere seiner Äußerungen waren aber offensichtlich auf die Partei gemünzt.

Zudem sagte Steinmeier: „Eines ist nicht verhandelbar in dieser deutschen Demokratie: das Bekenntnis zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet.“

Steinmeier für klare Linie in der Flüchtlingspolitik

Steinmeier setzte sich in seiner Rede auch für eine klarere Linie in der Flüchtlingspolitik ein. Deutschland könne den politisch Verfolgten in Zukunft nur dann gerecht werden, „wenn wir die Unterscheidung darüber zurückgewinnen, wer politisch verfolgt oder wer auf der Flucht vor Armut ist“.

Jenseits von Asyl sollten auch legale Zugänge nach Deutschland definiert werden, um die Migration „nach unseren Maßgaben“ zu steuern und zu kontrollieren. Damit setzte sich Steinmeier indirekt für ein Einwanderungsgesetz ein, wie es mehrere Parteien fordern.

Bundesratspräsidentin Malu Dreyer (SPD) verwies beim Festakt auf die Herausforderungen der Flüchtlingsintegration und darauf, dass viele Menschen das Gefühl hätten, „ihre Lebensleistung werde nicht gewürdigt“. Der Ausgang der Bundestagswahl habe gezeigt, dass all dies „unsere politische Kultur auf den Prüfstand“ stelle.

Zwar werde auch darüber diskutiert, was die Deutschen in den nächsten Jahren gemeinsam erreichen wollten. „Doch ich habe zunehmend den Eindruck, dass wir in unseren Debatten auf der Stelle treten.“ Denn mit großer Energie „prallen immer die gleichen Positionen unversöhnlich aufeinander“. Oft seien „Klicks“ im Internet wichtiger als Argumente, die Erregung werde „zum Maß des Erfolgs“.

Merkel: Aufgaben seit Wiedervereinigung „nicht weniger geworden“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte vor dem Festakt in Mainz, die Aufgaben für Deutschland seien seit der Wiedervereinigung vor 27 Jahren „nicht weniger geworden“. Vieles in der Deutschen Einheit sei aber geglückt. „Und das sollte uns die Kraft geben, auch die ausstehenden Probleme zu lösen.“ Als „große Aufgabe“ wertete sie, dass sich ländliche und städtische Regionen gleichermaßen entwickeln.

Der designierte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sieht in den AfD-Erfolgen vor allem in Ostdeutschland kein Anzeichen für ein Scheitern der Einheit. „Wir sind ein wohlhabendes und florierendes Land, umgeben von Freunden und Partnern“, sagte er der „Bild am Sonntag“ (Feiertagsausgabe).

SPD-Chef Martin Schulz hob derweil die „Lebensleistung der Ostdeutschen“ hervor, die Respekt verdienten. Dazu gehörten „verlässliche Renten und gerechte Löhne“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. (afp)



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