Scholz wegen G20-Gewalt unter Druck: Polizisten kämpften um ihr Leben – Bürgermeister hörte Musik
Als Cord Wöhlke nach dem Gewaltexzess im Hamburger Schanzenviertel vor seinem verwüsteten und geplünderten Laden steht, ist er den Tränen nah: „Uns geht es schrecklich“, sagt der Mitbegründer der Drogeriemarktkette Budnikowsky am Samstagmorgen über sich und seine Mitarbeiter.
Während sich viele Anwohner angesichts der massiven Ausschreitungen und Zerstörungen ohnmächtig fühlen, führt Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Frau von US-Präsident Donald Trump, Melania Trump, durchs Rathaus, zeigt ihr die Schönheit des von 1886 bis 1897 errichteten Prachtbaus. Auch Scholz‘ Innensenator Andy Grote (SPD) lässt sich nicht in der „Schanze“ sehen, obwohl er nur wenige Gehminuten entfernt wohnt.
Das empört viele Hamburger. Schließlich hatte Scholz der Bevölkerung vor dem umstrittenen G20-Gipfel eine Sicherheitsgarantie gegeben. Trotz dramatischer Warnungen etwa des Bundeskriminalamts vor massiven Ausschreitungen sagte er: „Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren.“ Im Juni betonte er sogar: „Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus. Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist.“
Entsprechend harsch fällt nun die Kritik aus: „Olaf, Du hast HH dem Mob ausgeliefert. Das Chaos war absehbar“, heißt es auf einem Transparent bei einer weiteren Demonstration am Samstag.
Denn auch am Vorabend, als Anwohner ohnmächtig mit ansehen mussten, wie Hunderte Randalierer ihren Stadtteil verwüsteten, war die politische Spitze der Hansestadt nicht anwesend. Scholz saß mit den Staats- und Regierungschefs der G20 in der von Sicherheitskräften hermetisch abgeriegelten Elbphilharmonie bei einem festlichen Dinner, während sich vor dem linksautonomen Kulturzenturm „Rote Flora“ der Mob austobte. „Das war ein rechtsfreier Raum“, sagt Anwohner Jürgen Boos.
Polizeigewerkschafter Wendt legt Scholz Rücktritt nahe
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, legt Scholz sogar den Rücktritt nahe. Wenn er keinen Plan habe, wie er linke Gewalt künftig verhindern wolle, müsse er seinen Hut nehmen. Das sagte Wendt dem Berliner Radiosender 105’5 Spreeradio. Diese Gewalt habe sich in zurückliegenden Jahren etablieren können. Scholz habe bei vielen Polizisten unfassbaren Zorn ausgelöst. Während draußen Polizisten aus Hamburg um ihr Leben gekämpft hätten, sitze dieser Bürgermeister in aller Ruhe in der Elbphilharmonie und höre Musik.
Auch für Hamburgs CDU-Oppositionschef André Trepoll und seine FDP-Kollegin Katja Suding steht schon jetzt fest: Das muss ein Nachspiel haben. Scholz müsse erklären, wie der rot-grüne Senat die Lage so falsch habe einschätzen können.
Denn in der Tat konnten die Randalierer über Stunden machen, was sie wollten. Kein Polizist weit und breit. Hatten die Sicherheitskräfte zuvor bei den zahlreichen Demonstrationen jede noch so kleine Verfehlung sofort geahndet und reichlich von Wasserwerfern Gebrauch gemacht, ließ sich die Polizei während dieser Nacht über Stunden nicht in der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel blicken.
Innensenator Grote begründet dies später damit, dass der Einsatz erst habe vorbereitet werden müssen. Andernfalls wäre es für die Beamten zu gefährlich geworden, da die Autonomen angeblich Gehwegplatten und Molotowcocktails von den Dächern werfen wollten.
Für Anwohner Boos völlig unverständlich: „Es war doch klar, dass es hier Krawall geben würde“, sagt er mit Blick auf die jährlichen 1.-Mai-Krawalle im Schanzenviertel. Wieso habe die Polizei nicht von Anfang an Kräfte vor dem linksautonomen Kulturzenturm „Rote Flora“ stationiert? Es scheine vielmehr, „als hätte die Polizei abgewartet, um genau die Bilder zu erzeugen, die sie haben wollte“, spricht er die Vermutung mehrerer Anwohner aus.
Die Warnungen vor dem Gipfel wurden ignoriert
Bürgermeister Scholz zeigt sich am Samstag dann doch noch bei Betroffenen der Ausschreitungen, allerdings nicht bei den Anwohnern. Er besucht mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vertreter der Einsatzkräfte. Im Anschluss äußert er die Hoffnung, „dass eine der Konsequenzen sein wird, dass die Gewalttäter, die wir gefasst haben (…), mit sehr hohen Strafen rechnen müssen“. Die Frage, ob er selbst auch Konsequenzen ziehen müsse, beantwortet er nicht. Er dankt stattdessen den Einsatzkräften dafür, dass der Gipfelverlauf trotz „unvorstellbarer Gewalt“ ordnungsgemäß möglich gewesen sei.
Unterdessen hat Kanzlerin Merkel, den Anwohnern Hilfe in Aussicht gestellt. Sie habe mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) abgesprochen, „dass wir prüfen werden, wie wir gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg Opfer von Gewalt bei der Beseitigung der entstandenen Schäden helfen können“. Dabei gehe es nicht um die Frage, ob geholfen werde, sondern nur noch um die Frage, wie. Auf die Warnungen der Polizei vor dem Gipfel, dass der G20 in einem Gewaltexzess enden wird, reagierte die Kanzlerin jedoch nicht. (Siehe: Hamburger G20-Gipfel könnte zum Pulverfass werden: Politiker wischen Bedenken der Polizei mit „Basta-Rhetorik“ weg)
Zuvor hatten bereits Hamburger Bürger Hilfe angeboten. So will eine Initiative die Stadt nach den Krawallen wieder auf Vordermann bringen. „Zieht euch was Weißes an und räumt auf, was der schwarze Block angerichtet hat“, heißt es im Internet unter dem Twitter-Hashtag „#Hamburgräumtauf“. Der Treffpunkt: Sonntagmittag am Bahnhof Sternschanze. Vielleicht kommt dann auch Bürgermeister Scholz. Zumindest Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bereits angekündigt, sich am Sonntag im Schanzenviertel ein Bild von der Lage zu machen. (dpa/afp/so)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion