Nach ihrer Entlassung bleibt Angela Merkel vorerst weiter im Amt
Wenn sich der neu gewählte Bundestag am Dienstag konstituiert, endet automatisch auch die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren Ministern. Das legt Artikel 69 des Grundgesetzes fest. Aber auch nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Dienstagnachmittag die Entlassungsurkunden überreicht hat, regiert das Kabinett Merkel vorerst weiter.
Alte Regierung bleibt im Amt
Da der Bundestag am Dienstag bei seiner ersten Zusammenkunft noch keinen neuen Bundeskanzler wählen wird, bleibt die alte Regierung geschäftsführend im Amt – und zwar so lange wie nötig.
Eine bestimmte Frist zur Bildung einer neuen Regierung und zur Wahl eines Kanzlers gibt es auf Bundesebene nicht. Damit das Land in der Zwischenzeit nicht führungslos dasteht, ist in der Verfassung für diesen Fall vorgesorgt worden.
Zwangsverpflichtung: Geschäfte sind weiterzuführen
Im zweiten Absatz von Artikel 69 heißt es kurz und knapp, dass die Amtszeit eines Kanzlers und seiner Minister „in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages“ endet.
Der Bundeskanzler ist demnach allerdings auf „Ersuchen des Bundespräsidenten“ dazu „verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen“. Gleiches gilt für Minister auf Bitten des Präsidenten oder des Kanzlers.
Es handelt es sich demnach also keineswegs um eine freundliche Aufforderung, sondern um eine Zwangsverpflichtung. Absagen etwa wegen anderweitiger Karrierepläne sind nicht zulässig.
Denkbar wären Ausnahmen nach Ansicht von Rechtsexperten höchstens bei schwerwiegenden persönlichen Gründen wie einer Krankheit.
Eine geschäftsführende Regiung sollte sich größtmöglich zurückhalten
Theoretisch hat sie dieselben Befugnisse wie jede andere Regierung. Sie kann Gesetzentwürfe erarbeiten und beschließen oder Verwaltungsverordnungen erlassen. Sie kann theoretisch sogar einen neuen Bundeshaushalt in den Bundestag einbringen.
Praktisch sind ihre Handlungsspielräume aber sehr begrenzt, weil es sich eben um eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit handelt. Sie hat im Bundestag keine Koalition hinter sich, die Gesetzentwürfe absegnen könnte.
Verfassungsrechtlern zufolge kommt das ungeschriebene Gesetz hinzu, dass eine lediglich für eine Übergangsphase weiter amtierende geschäftsführende Regierung in dieser Zeit eine größtmögliche Zurückhaltung zeigen sollte. So gilt es als absolut unüblich, den Entscheidungsspielraum der Nachfolgeregierung durch weit reichende Beschlüsse noch beschneiden zu wollen.
Neue Minister können nicht berufen werden
Nein, neue Minister können nicht mehr berufen werden. Sollte ein Ressortchef wegen Krankheit oder anderer Gründe ausfallen, könnte einer seiner Kollegen von Merkel oder Steinmeier beauftragt werden, dessen Amtsgeschäfte mit zu übernehmen.
Das wird im derzeitigen Kabinett schon praktiziert: Nach ihrer Wahl zur SPD-Fraktionschefin im Bundestag ging Arbeitsministerin Andrea Nahles kurz nach der Wahl von Bord. Familienministerin Katarina Barley (SPD) übernahm dann die Leitung ihres Ressorts.
Bei einem unvorhergesehenen Ausfall der Kanzlerin müsste der Bundespräsident für eine geschäftsführende Vertretung sorgen. Im Regelfall dürfte er dann den Vizekanzler auswählen. (afp)
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