Muslimische Übernahme? TU Dortmund schloss „Raum der Stille“ aus „Sicherheitsgründen“

„Räume der Stille“ als Politikum: Vor kurzem schloss die Technische Universität Dortmund ihren "Raum der Stille", weil muslimische Studenten ihn zu ihrem Gebetsraum gemacht und eigene Regeln aufgestellt haben sollen. Geräuschlos ging die Schließung nicht von statten.
Titelbild
Auf einem Foto des umstrittenen "Raumes der Stille" der TU Dortmund sind Gebetsteppiche zu sehen.Foto: TU Dortmund
Epoch Times17. Februar 2016

"Wir sehen den Versuch, einen neutralen und allen Glaubensrichtungen zur Verfügung stehenden ‚Raum der Stille‘ zu schaffen, leider als gescheitert an", sagte Eva Prost, Sprecherin der Technischen Universität Dortmund, am 12.02. dem WDR

Besucher hätten sich darüber beklagt, dass ein Großteil des Raumes abgetrennt worden sei. Dass dort Gebetsteppiche und Korane gelagert wurden, hatte N24 berichtet. Weiblichen Nutzern habe man am Eingang gesagt, dass sie nur Zugang zu dem kleineren Teil des Raumes hätten, so das Onlineportal. Regelmäßige Benutzer des Raumes sagten gegenüber der Welt, dass keine derartige Diskriminierung stattgefunden habe, hielten sie aber in Einzelfällen für möglich. Doch für Aufregung sorgte die Erklärung der TU, sie schließe den Raum „aus Sicherheitsgründen“. Damit fühlten sich liberale Muslime in einen Topf mit Salafisten und Terroristen geworfen. Rund 400 Studenten protestierten mit einer Petition gegen die Schließung.

An der Bochumer Hochschule war im Herbst 2012 ein Meditationsraum dicht gemacht worden, weil der radikale Salafist Sami A.dort Treffen abhielt.

Sensibler Zeitpunkt

"Hätten wir den Raum vor einem halben Jahr geschlossen, dann hätte das kaum jemand bemerkt", glaubt Uni-Sprecherin Prost. "Unsere Entscheidung fällt genau in eine gesellschaftliche Debatte", sagt sie. Aus ihrer Sicht liegt es an der Kölner Silvesternacht, dass der Vorfall nun solche Wellen schlägt. Die TU würde für den Schritt viel Zustimmung erhalten, "hauptsächlich aus der Mitte der Gesellschaft", aber auch vom rechten Rand, wurde Prost von der Welt zitiert.

Der umstrittene Raum soll in Zukunft für Lehre und Forschung oder als Babyraum genutzt werden. Die TU erklärte in einem offenen Brief die Gründe für die Schließung.

Kritik blieb nicht aus, sie kam sogar aus Ägypten: Die dortige Fachstelle für Religionsgutachten bezeichnete die Schließung als Diskriminierung von Muslimen. Das deutschsprachige islamische Portal Islam.de kritisiert “das vollständige Fehlen eines Austausches mit den Betroffenen”. Dem ASTA, der für den Raum zuständig war, hätten keine Beschwerden vorgelegen.

Auch TU Berlin schließt Räume

Laut Welt werden auch an der TU Berlin ab März zwei Gebetsräume nicht mehr zur Verfügung gestellt. Auch Versammlungen zum Freitagsgebet, für die dort bislang eine Turnhalle bereit stand, soll es nicht mehr geben. Hintergrund dessen seien keine aktuellen Vorkommnisse, sondern die jetzt vollzogene Trennung von Staat und Kirche, heißt es in der Welt. Gottesdienste anderer Konfessionen werden ebenfalls nicht mehr auf dem Campus stattfinden. An der Uni Essen schließt demnächst der muslimische Gebetsraum. Überkonfessionelle oder muslimische Gebetsräume gibt es an vielen Hochschulen. Immer wieder entbrennen Diskussionen darüber.

Fallbeispiel Berlin: Diesterweg-Gymnasium

Schulleiterin Brigitte Burchardt vom Diesterweg-Gymnasium in Berlin-Wedding hatte einem muslimischen Schüler 2011 untersagt, während der Pause auf dem Flur sein Mittagsgebet zu verrichten, berichtet die Welt. “Weil dies den Schulfrieden stört”, war Burchardts Begründung. An ihrer Schule sind wohlgemerkt mehr als 30 Nationen vertreten. Andere Schüler hatten sich durch das Gebet beeinträchtigt gefühlt, so die Welt. Den Prozess vorm Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gewann die Rektorin. Allerdings betonten die Richter, es handle sich um eine Einzelfallentscheidung. Schüler seien grundsätzlich berechtigt, in ihrer Schule auch öffentlich zu beten. Die Religionsfreiheit finde aber dann ihre Schranken, wenn dies den Schulfrieden gefährde.

Die Leipziger Richter regten aber die Einrichtung eines "Raumes der Stille" oder Gebetsraumes an, um religiösen Schülern ein Gebet zu ermöglichen. Rektorin Burchardt findet den Vorschlag schwierig: "Wir haben keinen Raum der Stille oder Ähnliches", sagt sie. Und die Möglichkeit, ein stilles Gebet zu verrichten, hätten die Schüler schließlich jederzeit. Nur möchte sie “kein öffentliches Ritualgebet”.

Niedersachsens umstrittener Staatsvertrag

Das Thema „Räume der Stille“ bekommt im Land Niedersachsen noch eine ganz andere Dimension: Dort plant man seit Jahren einen Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden, mit dem man nach den Terroranschlägen von Paris wieder zaghafter geworden ist. Kritiker sorgen sich, der Vertrag könnte zu standardmäßigen schulischen Gebetsräumen für Muslime führen, denn der Vertragstext lässt erheblichen Gestaltungsspielraum zu: Artikel 8,1 räumt die Möglichkeit der Einrichtung von Gebetsräumen an öffentlichen Schulen ein, bindet sie aber zugleich an eine nicht näher qualifizierte "Maßgabe der sächlichen und organisatorischen Gegebenheiten". Dies geht aus einem weiteren Bericht der Welt hervor.

Susanne Schrammar, Sprecherin des Kultusministeriums, nimmt Gegnern den Wind aus den Segeln: Der Vertragsentwurf spreche nur von "Gebetsmöglichkeiten", deren Einrichtung aber nach wie vor nicht verpflichtend sei, zitiert sie “Die Welt”. Dies könne ein "Raum der Stille" sein, der dann allen Schülern offenstehe, "die beten möchten oder Ruhe suchen".

Genauso äußert sich der Vorsitzende des Moscheen-Verbandes Schura Niedersachsen Avni Altine: "Wir wollen keine Extrawurst. Ein gemeinsamer Gebetsraum an Schulen trägt dazu bei, Misstrauen abzubauen und den religiösen Dialog zu fördern."

Das ist die Theorie. In der Praxis mangelt es oft schon an entsprechenden Räumen: "Von 40.000 Schulen in Deutschland haben rund 1000 ein solches Angebot. Es müssen erst einmal entsprechende Räumlichkeiten vorhanden sein ebenso wie Aufsichtspersonal", erklärt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes, gegenüber der Welt. "Vor allem muss es ein Konzept geben, das von der Schulgemeinschaft getragen wird. Und es muss ein Angebot sein, das jede Gruppe zum Zuge kommen lässt“, so Meidinger.

Der Leiter eines bayerischen Gymnasiums rät jedoch von rein muslimischen Gebetsräumen ab: "Das gefährdet meiner Meinung nach den Schulfrieden und das Neutralitätsgebot."(kf)



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