Mindestlohn: Für Flüchtlinge und Zuwanderer soll die Pflicht gelockert werden
Für Flüchtlinge und Zuwanderer, die sich für die Anerkennung ihres ausländisches Berufsabschlusses in Deutschland nachqualifizieren, soll in dieser Zeit kein Mindestlohn gelten: Dies geht laut „Süddeutscher Zeitung“ aus einem gemeinsamen Papier des Bundesarbeits-, Bundesfinanz- und Bundesbildungsministeriums hervor. Müsse ein Geflüchteter mit einem Ausbildungsberuf noch praktische Kenntnisse in einem Betrieb erwerben, damit sein ausländischer Abschluss als gleichwertig gelte, sei dies wie ein Pflichtpraktikum zu werten. Dies „fällt damit nicht unter die Mindestlohnpflicht. In diesen Fällen kann eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden“, heißt es in dem Papier.
Diese Auslegung der Bundesregierung dürfte die Diskussion um Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn neu anheizen. Dieser wurde Anfang 2017 von 8,50 auf 8,84 Euro die Stunde erhöht. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist gegen Sonderregeln für Flüchtlinge. Die BDA hat aber stets dafür plädiert, Einheimische genauso wie Zuwanderer in Ausnahmefällen vom Mindestlohn auszunehmen, zum Beispiel bei längeren Praktika, die notwendig sind, um fit für eine Ausbildung zu sein.
Die drei Ministerien kommen nun mit ihrer Auslegung der BDA entgegen, schreibt die SZ. In ihrem Papier werden demnach mehrere Beispiele genannt, wann der Mindestlohn nicht gelten soll: Absolviert zum Beispiel ein syrischer Tischler ein neun Monate langes Praktikum, weil ihm für die Anerkennung seines Berufsabschlusses neun Monate fehlen, ist kein Mindestlohn fällig. Dies gilt auch für eine vietnamesische Krankenschwester, die für ihre Berufszulassung in Deutschland noch einen längeren Lehrgang oder einen Kurs plus Praktikum machen muss, um Kenntnisse in der Krankenpflege nachzuweisen.
Das Bundesarbeitsministerium sprach von einem „internen Diskussionspapier“ der drei Ministerien. „Rechtsänderungen oder Änderungen der Verwaltungs- beziehungseweise Kontrollpraxis wären hiermit nicht verbunden“, sagte eine Sprecherin. Die Auslegungs- und Praxishinweise könnten aber „Bestandteil des Informationsangebots der Bundesregierung“ werden, sobald das Papier fertig abgestimmt sei.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt jedoch vor neuen Ausnahmen beim Mindestlohn. Schon jetzt würden Unternehmen „Flüchtlinge, die sich mit ihren Rechten noch nicht auskennen, als billige Arbeitskräfte ausnutzen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der SZ. Die Auslegung durch die Ministerien führe dazu, „dass die Einfallstore zur Umgehung des Mindestlohns größer werden und nicht mehr kontrollierbar sind.
Wir befürchten, dass klassische Einarbeitungsphasen zu monatelangen betrieblichen Qualifizierungsphasen und die Beschäftigten zu Pflicht-Praktikanten umdeklariert werden“. Dies könne „Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten sein, die gerne mit der Behauptung `Ausländer nehmen Deutschen die Arbeitsplätze weg, weil sie billiger zu haben sind` Stimmung gegen Flüchtlinge machen.“ Die BDA sieht das anders. Es gehe hier um ausbildungsähnliche Qualifizierungen, die nicht unter den Mindestlohn fielen. Würden dafür die 8,84 Euro gelten, würde dies die Bereitschaft der Betriebe bremsen, solche Angebote zu machen. „Für die Betroffenen würde der Weg in Ausbildung und Beschäftigung dadurch erschwert.“ (dts)
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