Kanzlerin Merkel: Behördengänge mehr über das Internet erledigen

Digitale Technologie mache die Bevölkerung "auch wieder fit für Neues": Behördengänge sollen nach den Vorstellungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Zukunft vermehrt über das Internet erledigt werden können.
Titelbild
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Neujahrsempfang ihres Wahlkreises in Stralsund.Foto: Stefan Sauer/dpa
Epoch Times12. März 2017

Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Digitalisierung zwischen Bürgern und Verwaltung deutlich ausbauen, sagte die Kanzerin in ihrem aktuellen Videopodcast. Das Bundeskanzleramt schriebt vorab: Bei allen Abläufen, etwa Anmeldungen, Abmeldungen oder ähnlichem, gelte es, „viel mehr die digitale Option“ zu stärken, „Wir werden das in den nächsten vier Jahren machen müssen.“

Für Merkel gehört diese Digitalisierung auch zum lebenslangen Lernen, einem wichtigen Aspekt der Demografiestrategie. Der Staat, so die Bundeskanzlerin, könne etwas tun, um Neugierde und Kreativität der Bevölkerung zu stützen – indem er zum Beispiel die gesamte Digitalisierung besser durchsetze.

„Dann werden die Bürgerinnen und Bürger den Wandel in der Technologie auch selber spüren, ältere genauso wie jüngere.“ Das mache die Bevölkerung „auch wieder fit für Neues“, sagt Merkel. Sie freue sich, dass von den Älteren über 70 sehr viele „noch im Internet mitmachen, sich also auch den neuen Technologien stellen“.

Der Video-Podcast ist unter www.bundeskanzlerin.de abrufbar. (ks)

Vollständiger Text des Podcast #09/2017 vom 11. März 2017

Die Fragen stellte Marcus Ebeling, M.Sc., Demograph; Doktorand am Lehrstuhl für Demographie der Universität Rostock und am Max-Planck-Institut für demographische Forschung, Rostock.

Marcus Ebeling: Am 16. März findet unter dem Motto “Zusammenhalt stärken – Verantwortung übernehmen” der Demografiegipfel 2017 statt. Demografie ist ein Schlagwort dieser Zeit. Die Demografiestrategie der Bundesregierung ist dabei sehr vielschichtig und lässt kaum einen Lebens- und Politikbereich aus. Was verstehen Sie unter Demografie, Frau Kanzlerin?

Bundeskanzlerin Merkel: Ja, es ist ja eine Wissenschaft von der Frage: Wie ist der Bevölkerungsaufbau, welche Geburtenraten habe ich, welches Alter der Sterblichkeit habe ich im Durchschnitt, wie entwickeln sich die verschiedenen Lebensphasen? Und die Politik muss sich natürlich mit den Veränderungen der demografischen Situation befassen. Deshalb spielt dieses Wort in unseren Betrachtungen eine große Rolle.

Hier geht es ja nicht allein nur um die Frage „Welche Bevölkerung habe ich?“, sondern hier geht es auch um die Frage:

„Welche Daseinsvorsorge muss ich für diese Bevölkerung zum Beispiel treffen?“

Wenn ich weniger Kinder habe – was wir leider haben – , dann brauche ich nicht so viele Kindergärten, brauche dafür aber mehr Pflegestationen. Wenn ich Menschen habe, die durch ihre berufliche Herausforderung nicht mehr als Großfamilie zusammenleben, dann brauche ich andere Institutionen wie zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser; ich werde ein solches Mehrgenerationenhaus noch vor dem Demografiegipfel besuchen.

Und so ist von der Vorsorge für die sozialen Sicherungssysteme bis hin zu der Weiterbildungsaufgabe, der Bildungsaufgabe, der Kreativität einer Gesellschaft, der Gesundheitsvorsorge natürlich, der Städtebauplanung und auch zum Beispiel der Ausgestaltung von öffentlichen Personennahverkehr alles in irgendeiner Weise mit der demografischen Situation verbunden.
Und natürlich auch die Frage: „Wie viel Fachkräfte haben wir in Zukunft für die Wirtschaft? Was müssen wir an Qualifizierung im Land machen? Welche Art von Einwanderung von Fachkräften brauchen wir?“ Also alles Themen, die hochinteressant sind.

Grundsätzlich gibt es drei Größen, die die Struktur und Größe einer Bevölkerung beeinflussen. Das sind das Sterbeverhalten, das Geburtenverhalten und die Migration. Gilt es für die Politik, diese drei Prozesse aktiv zu beeinflussen oder aber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an die veränderte demografische Situation anzupassen? Ich denke, man kann schon auch eine aktive Politik machen – aber nicht dahingehend, dass wir eine Familienplanungspolitik machen würden; das lehnen wir ab.

Sondern wir schaffen Rahmenbedingungen. Der Staat versteht sich als eine Größe, die Leitplanken schafft, in denen Menschen sich entscheiden können, wie sie ihr Leben gestalten, aber diese Entscheidung von Eltern, von jungen Frauen und Männern, wie will ich mein Leben gestalten, wird natürlich individuell getroffen. Wir wissen aber zum Beispiel, dass durch die Frage „Wieviel Kinderbetreuungsplätze stehen zur  Verfügung? Wie ist die Möglichkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren?“ sehr wohl Entscheidungen für Familie oder eben für späteres Beginnen einer Familie getroffen werden können.

Die Frage „Kann ich Ausbildung und Studium zum Beispiel auch mit Kinderbetreuung verbinden – ja oder nein ?“ spielt schon eine Rolle bei der Entscheidung; vielleicht nicht für Kinder generell, aber in welchem Lebensalter bekomme ich Kinder. Und insofern kann der Staat durch kluge Entscheidungen im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie etwas tun.

Der Staat kann etwas tun, um zum Beispiel selbst bestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen – indem wir ambulante Pflege stärken, indem wir Prävention stärken. Der Staat kann etwas für längere Berufsphasen tun, dass also keine Frühverrentung stattfindet, indem man eben dort auf altersgerechtes Arbeiten eingeht. Also, es gibt viele Einflussmöglichkeiten, die eigentlichen Entscheidungen werden individuell von den Bürgerinnen und Bürgern gefällt.

Marcus Ebeling: Die US-Wahl, aber vor allem die Abstimmung Großbritanniens zum Austritt aus der EU haben gezeigt, dass es Meinungsunterschiede zwischen jüngeren und älteren Menschen gibt. Durch die Alterung der Gesellschaft wird es anteilmäßig immer weniger jüngere Menschen geben. Wie können gerade jüngere Generationen zukünftig Einfluss auf demokratische Entscheidungen und die Gestaltung der gesellschaftlichen Rahmenbedingung nehmen?

Bundeskanzlerin Merkel: Wir hoffen natürlich, dass die Jüngeren auch von ihren demokratischen Rechten gebraucht machen. Wir haben leider die Situation – das war in Großbritannien so –, dass zwar ein großer Teil der Jüngeren sich für den Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen hat, aber die Zahl der wählenden Jüngeren war viel geringer; also der Anteil derer, die wählen gegangen sind. Und das haben wir bei uns auch.

Ich kann also alle Jüngeren nur auffordern: Wenn Sie über die Gesellschaft und Ihre eigene Zukunft mitbestimmen wollen, nehmen Sie an den Wahlen teil!

Zweitens werden wir mit einem Wachsen unseres Durchschnittsalters der Bevölkerung natürlich vor einer Aufgabe stehen, auch die ältere Bevölkerung – sozusagen – weiter neugierig, interessiert zu haben. Ich freue mich zum Beispiel, das bei den Älteren, gerade in den Siebzigern, im Alter von 70 und mehr, sehr, sehr viele – zwei Drittel – noch im Internet mitmachen, sich also auch den neuen Technologien stellen. Der Staat kann meiner Meinung nach auch etwas tun, um diese Neugierde, diese Kreativität der Bevölkerung zu stützen: Erstens, indem wir lebenslanges Lernen auch während der Berufsphase haben; indem wir zum Beispiel Angebote machen für ehrenamtliches Engagement – auch für Ältere, sich in die Gesellschaft einzubringen, und indem wir natürlich auch als Staat zum Beispiel die gesamte Digitalisierung besser durchsetzen.

Wir werden das in den nächsten vier Jahren machen müssen, dass alle Funktionen, die der Staat mit den Bürgern, oder alle Verhältnisse und Abläufe, die der Staat mit den Bürgern hat – Anmeldungen, Abmeldungen oder ähnliches –, dass wir da viel mehr die digitalen Optionen stärken. Dann werden die Bürgerinnen und Bürger den Wandel in der Technologie auch selber spüren, ältere genauso wie jüngere.

Und das macht eine Bevölkerung so auch wieder fit für Neues, und ich glaube, das ist bei uns wichtig.

Wenn wir uns einfach mal überlegen: Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt ungefähr bei 45 Jahren, das Durchschnittsalter in afrikanischen Ländern liegt zum Teil bei 15 Jahren bis 18 Jahren. Da können sie sich vorstellen, welche Unterschiede im Bevölkerungsaufbau sind.

Marcus Ebeling: Die Lebenserwartung steigt seit über 160 Jahren kontinuierlich an. Es wird erwartet, dass heute geborene Kinder eine große Chance haben, ihren 100. Geburtstag zu feiern. Wie werden und wie sollten die verlängerte Lebensspanne und die gewonnenen Lebensjahre die Biographien der Menschen in Deutschland verändern?

Bundeskanzlerin Merkel: Wir haben heute schon eine große Veränderung: In den 60-iger Jahren gab es nur einen sehr überschaubaren Lebensabschnitt nach dem Eintritt ins Rentenalter – insbesondere für Männer.

Heute haben wir nochmal eine ganze Lebensphase von 20, 25 und 30 Jahren, in denen Menschen nochmal überlegen können: Was tue ich?

Und darauf muss die Gesellschaft reagieren, sie muss auch für Ältere Angebote schaffen. Ich habe von den ehrenamtlichen Angeboten gesprochen. Wenn Sie Tourismusunternehmen fragen, dann werden Sie sehen, dass dort viele interessante Reisen machen wollen und gerade auch Ältere hier ein Publikum sind; Volkshochschulen, Universitäten zum Teil, wo Ältere sich nochmal in Bereichen bilden, wofür sie in der Berufsphase keine Zeit hatten. Natürlich ist auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Kinder dadurch, dass sich Großeltern um die Enkel kümmern, durchaus heute immer ein Thema; deshalb versuchen, Beziehung zwischen den Generationen zu schaffen.

Das sind also alles Dinge, die wir befördern können. Und vor allen Dingen auch die Mitsprache: Ich meine, wir haben die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren, die alle Vereinigungen Älterer zusammennimmt, und mit dieser Bundesvereinigung arbeiten wir sehr eng zusammen, weil Ältere sich auch wirklich in diese Gesellschaft einbringen wollen, und das verändert auch unsere politische Ansprache

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