Kubicki: „Es zieht gerade ein Hurrikan auf über Jamaika – Es ist fast alles wieder streitig“
Showdown für Jamaika: Am Donnerstag kommen CDU, CSU, FDP und Grüne zur entscheidenden Sondierungsrunde zusammen. Ob Kohleausstieg, Familiennachzug bei Flüchtlingen oder Finanzpolitik – die Differenzen sind weiter beträchtlich. In der Nacht gingen die Parteispitzen ohne großen Durchbruch auseinander.
„Es zieht gerade ein Hurrikan auf über Jamaika“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki nach den Gesprächen am Mittwochabend in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. „Es ist fast alles wieder streitig.“ Auf die Frage, ob am Donnerstag eine Einigung möglich sei, antwortete er: „Die Frage kann ich nicht beantworten.“
Bis nach Mitternacht versuchten die Verhandlungsführer noch, sich in der Klima- und Energiepolitik anzunähern. Mit Blick auf Kubickis Sturmwarnung sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter: „Der Hurrikan kommt daher, dass sich beim Klima so wenig tut.“ Die Grünen dringen auf einen schnellen Ausstieg aus der Kohleenergie, um die deutschen Klimaziele zu erreichen.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, er müsse sich die Wetterlage für Jamaika „noch durch den Kopf gehen lassen“. Doch er sprach von einer „harten Nummer“, die am Donnerstag bevorstehe.
Etwas zuversichtlicher klang FDP-Chef Christian Lindner, der Fortschritte in der Finanzpolitik feststellte. Die Jamaika-Parteien ringen aber weiter um die Verteilung der in den kommenden Jahren zur Verfügung stehenden Milliarden zur Umsetzung ihrer jeweiligen Wahlversprechen. Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin sagte, am Donnerstag müssten „die Mittel, die alle vielfach überzeichnet sind, solide untereinander aufgeteilt werden“.
Der vergangene Woche veröffentlichten Steuerschätzung zufolge kann der Bund in den nächsten vier Jahren mit rund 15 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen rechnen. Hinzu kommen nicht verplante Mittel in ungefähr der gleichen Größenordnung. Der genaue Finanzspielraum für ein mögliches Regierungsbündnis steht noch nicht fest. Vor allem die FDP fordert eine spürbare Entlastung der Bürger und will den Solidaritätszuschlag in der kommenden Legislaturperiode komplett abschaffen.
Viel Wegstrecke muss am Donnerstag auch noch auf den Feldern Asyl und Zuwanderung zurückgelegt werden. Union und FDP lehnten es weiterhin ab, dass Flüchtlinge, die nur subsidiären Schutz genießen, ihre Partner und Kinder nach Deutschland holen dürften. Die Grünen wiesen derweil Berichte über eine Einigung bei Aufnahme- und Entscheidungszentren für Asylsuchende zurück. „Beim Thema Flucht sind die großen Fragen immer noch offen“, sagte ein Grünen-Sprecher.
Am Donnerstagvormittag finden zunächst interne Vorgespräche der Parteien statt, danach beraten am frühen Nachmittag die Verhandlungsführer. Ab 18.00 Uhr tagt die große Runde der Jamaika-Parteien. Es wird erwartet, dass sich die Gespräche bis tief in die Nacht zum Freitag hinziehen. Nach der letzten Sondierungsrunde wollen die Parteien in unterschiedlichen Formaten beraten, ob die Grundlagen für den Einstieg in offizielle Koalitionsverhandlungen vorhanden sind.
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) lehnte eine Verlängerung der Sondierungen ab, sollte es am Donnerstag keine Einigung geben. „Wenn man nach drei Wochen Verhandlungen nicht sagen kann, dass man ein stabiles Regierungsbündnis miteinander eingehen kann, dann helfen auch drei weitere Tage nicht weiter“, sagte sie der „Rheinischen Post“. (afp)
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