Islamismusforscher: Politik unterschätzt islamistische Radikalisierung
Für sein kürzlich erschienenes Buch habe er den Titel „Generation Allah“ gewählt, „weil ich finde, dass es hierzulande unfassbar viele Jugendliche gibt, die Verschwörungstheorien anhängen, antisemitische Gedanken hegen und nicht demokratisch denken“, sagte Mansour im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die islamische Religion sei für diese Jugendlichen „das einzige identitätsstiftende Merkmal“.
Im politischen Raum sei eine „gewisse Planlosigkeit“ im Umgang mit dem Problem erkennbar. „Prävention ist halt nicht sexy, da gibt es keine schnellen Ergebnisse, die man vorzeigen kann“, fügte er hinzu. Wichtig sei auch, dass sich die Muslime im Hinblick auf den islamistischen Terror die Frage stellten, „wie so ein Ungeheuer unter uns entstehen konnte“. Deutschland habe, was die Bedrohung angeht, bislang „Glück gehabt“, sagte Mansour. Die Zahl der Radikalen könne aber in absehbarer Zeit so ansteigen, „dass man sie nicht mehr alle überwachen kann“.
Es sei gut, dass inzwischen zumindest bei einigen deutschen Islamverbänden das Bewusstsein dafür gewachsen sei, dass es mit Salafisten ein Problem gebe. In einigen Moscheen, in denen Salafisten früher aktiv gewesen seien, dürften diese heute nicht mehr predigen.
Mansour – Mitarbeiter der Deradikalisierungs-Beratungsstelle Hayat in Berlin – sagte, wer verhindern wolle, dass sich Jugendliche radikalen Gruppen anschließen, müsse in den Schulen mit ihnen ins Gespräch kommen. Denn „hinterher ist es zu spät“. Islamischer Religionsunterricht sei dabei kein Allheilmittel. „Es gibt auch Islam-Lehrer, die ich für hochproblematisch halte“, sagte Mansour, der als muslimischer Araber in Israel aufgewachsen ist und seit elf Jahren in Deutschland lebt.
Auffällig sei, dass es zu 90 Prozent Mütter seien, die bei Hayat anriefen. „Oft sehen wir bei radikalen Salafisten, dass ihnen eine Vaterfigur fehlt und dass sie persönliche Krisen erlebt haben“, erklärte Mansour. Mit Rassismus und Diskriminierungserfahrungen allein lasse sich das Abdriften europäischer Jugendlicher in radikale Milieus jedenfalls nicht erklären.
(dpa)
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