Islam in Deutschland: „Muslime sollten sich von Machtfantasien verabschieden“
Es ist nicht Aufgabe des Staates, „den Islam anzuerkennen, vielmehr sollten Muslime „den Islam als Religion anerkennen“, sagt Religionswissenschaftler Hartmut Zinser in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“.
Immer wieder hört man die Forderung „Den Islam anerkennen“. Aber was genau soll damit eigentlich gemeint sein und vor allem – von wem soll er eigentlich anerkannt werden? Vom Staat, von den Bürgern? Von der Gesellschaft? Von den Moslems selbst? Und ist es überhaupt die Aufgabe von Staat und Politik, eine Religion anzuerkennen?
„Das Grundgesetz sieht keinerlei Anerkennung von Religion durch den Staat vor“, erklärt Prof. Hartmut Zinser die rechtliche Ausgangslage. Religion sei nach unserer Verfassung eine staatsfreie Angelegenheit. Der Staat schaffe nur die Rahmenbedingungen zur Ausübung religiösen Lebens, so der Professor. Sollte der Staat Normen zur Anerkennung von Religionen erlassen, dann würde er laut Hinzer die Trennung zwischen Staat und Religion aufheben und beseitigen und damit die Religionsfreiheit. Dass es so etwas nicht gibt, sei laut Hinzer gut, auch in Bezug auf die Schwierigkeiten des Islam.
Es gebe aber durchaus eine Möglichkeit, den islamischen Verbänden mehr Mitspracherecht einzuräumen, fährt der Religionswissenschaftler fort, das ginge zum Beispiel damit, islamische Verbände in Körperschaften öffentlichen Rechts umzuwandeln. Wie aus einem früheren Beitrag des Dlf bereits hervorgeht, sei dies auch das angestrebte Ziel der Islamverbände in Deutschland.
Körperschaften des öffentlichen Rechts würden in vielerlei Hinsicht vom Staat gefördert und könnten ebenfalls durch Hilfe des Staats so etwas wie Kirchensteuern erheben, so der Wissenschaftler.
Was dürfen sie noch? K.d.ö.R.s. haben aber nicht nur das Recht auf Steuern sondern auch auf eigene Beamte. Bei staatlichen Planungsverfahren müssen sie mit einbezogen werden. Und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts darf die Melderegister einsehen.
Verhandlungen am runden Tisch
In den vergangenen Jahren hat es bei der Durchsetzung muslimischer Interessen allerdings oft ausgereicht, dass diese als eingetragene Vereine aufgetreten sind, heißt es weiter in dem früheren Artikel. Hierbei ging es hauptsächlich um den islamischen Religionsunterricht, die Seelsorge im Gefängnis und die Friedhofsnutzung.
Derzeit setze man noch auf Verhandlungen am runden Tisch, und das mit Erfolg für die Muslime. Mit den islamischen Verbänden wurden dadurch bereits Verträge geschlossen, die bisher nur mit Religionsgemeinschaften abgeschlossen worden waren, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
Hamburg hat sich zum Beispiel schon vor Jahren dafür eingesetzt, dass Muslime erstmals auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkräten etwa beim NDR oder ZDF angemessen vertreten werden. Durch bilaterale Verträge wurde gewährleistet, dass zum Beispiel in mehr als der Hälfte aller Bundesländer mittlerweile eine Bestattung ohne Sarg nach muslimischem Ritus möglich ist. In zahlreichen Kommunen und Städten gibt es bereits eigene muslimische Begräbnisfelder.
Anschlag auf Religionsfreiheit
Doch zurück zum Interview mit Hinzer. Wer den Islam als politische Macht versteht, stelle die Trennung von Staat und Religion in Frage, beurteilt der Wissenschaftler. „Wenn man so will, ist das ein Anschlag auf eine grundlegende Position, eine Trennung von Staat und Religion und auch auf die Religionsfreiheit“, sagt er.
Nach eigenen Angaben setze sich Hinzer schon seit Jahren dafür ein, den Islamverbänden das Recht auf Bildung von Körperschaften einzuräumen, aber nicht ohne Vorbehalte. Bei aller Befürwortung, müssten diese dennoch „mal ihre theologischen Lehren durchdenken und vielleicht eine Reihe von Positionen, die sie haben, die aus Traditionen kommen, die zum Teil älter sind, zum Teil auch nicht so alt sind, den entsprechenden modernen Verhältnissen der Trennung von Staat und Kirche angleichen,“ sagte er gegenüber dem Dlf.
Und weiter: „Ein wesentlicher Punkt muss sein, dass die Moslems selber den Islam als Religion anerkennen und sich von allen Machtfantasien, die in Formeln wie ‚din wa daula‘ und so weiter enthalten sind, verabschieden, weil diese mit dem modernen Staatsverständnis der Trennung von Staat und Kirche oder Staat und Religion nicht vereinbar sind und dem widersprechen“, so der Religionswissenschaftler.
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