GdP-Vize: Kein deutscher Polizist würde auf Flüchtlinge schießen

Die Aussage der AfD-Chefin Petry über Schusswaffengebrauch an der deutschen Grenze hat eine heftige Debatte ausgelöst. Unserer Recherche nach wurden Schusswaffen an der deutschen Grenze zwischen 1950 und 1996 103 Mal eingesetzt. Der Gebrauch von Schusswaffen ist geregelt nach UZwG-Bund.
Titelbild
PolizistFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times30. Januar 2016

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) weist Äußerungen der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry zum Schusswaffeneinsatz an der deutschen Grenze als "Ultima Ratio" zurück: Kein deutscher Polizist würde auf Flüchtlinge schießen, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek am Samstag.

"Die Aussage der AfD-Vorsitzenden zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge entlarvt radikales und menschenverachtendes Gedankengut." Petry hatte zuvor im Gespräch mit dem "Mannheimer Morgen" erklärt, ein Grenzpolizist müsse "den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz."

Das, so der GdP-Vize, entspreche weder der Wahrheit noch der Gesetzeslage. An keiner Stelle der geltenden Polizeigesetze gebe es die Rechtsnorm, den Grenzübertritt von Flüchtlingen mit dem Gebrauch der Schusswaffe zu verhindern. "Wer ein solches radikales Vorgehen vorschlägt, will offenbar den Rechtsstaat aushebeln und die Polizei instrumentalisieren", sagte Radek. 

"So etwas hatten wir schon einmal in der deutschen Geschichte, und das wollen wir nie wieder." Der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Dieter Dombrowski, bezeichnete Petry als "offensichtlich geisteskrank". "Wer als Deutscher mit der Kenntnis um 2.000 erschossene Flüchtlinge an der innerdeutschen Grenze fordert, auf unbewaffnete Flüchtlinge zu schießen, der kann geistig nicht normal sein", sagte Dombrowski der "Mitteldeutschen Zeitung".

Was hat Frau Petry im Interview gesagt?

Im Interview des "Mannheimer Morgen" mit Petry ist folgende zu lesen. Ein Auszug davon:

"Noch mal: Wie soll ein Grenzpolizist in diesem Fall reagieren?
Petry: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.
Es gibt in Deutschland ein Gesetz, das einen Schießbefehl an den Grenzen enthält?
Petry: Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt. Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen."

UZwG-Bund regelt Schusswaffengebrauch im Grenzdienst

Der Schusswaffengebrauch ist an der Deutschen Grenze gesetzlich durch das Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG-Bund) geregelt. 

§ 11 Schußwaffengebrauch im Grenzdienst

(1) Die in § 9 Nr. 1, 2, 7 und 8 genannten Vollzugsbeamten können im Grenzdienst Schußwaffen auch gegen Personen gebrauchen, die sich der wiederholten Weisung, zu halten oder die Überprüfung ihrer Person oder der etwa mitgeführten Beförderungsmittel und Gegenstände zu dulden, durch die Flucht zu entziehen versuchen. Ist anzunehmen, daß die mündliche Weisung nicht verstanden wird, so kann sie durch einen Warnschuß ersetzt werden.(2) Als Grenzdienst gilt auch die Durchführung von Bundes- und Landesaufgaben, die den in Absatz 1 bezeichneten Personen im Zusammenhang mit dem Grenzdienst übertragen sind.

Nach unserer Recherche gab es im Zeitraum zwischen 1950 und 1996 laut einer kleinen Anfrage an den Bundestag insgesamt 103 Fälle, bei denen Schusswaffen im Grenzdienst zum Einsatz kamen.  

Auszüge der Drucksache 13/5845 vom 17.10.1996 des Deutschen Bundestages: Gebrauch von Schußwaffen an den deutschen Grenzen von 1950 bis 1996

Eine kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Ulla Jelpke, Maritta Böttcher und der Gruppe der PDS an den Bundestag klärt, in wie vielen Fällen von 1950 bis 1996 Schusswaffen gegen Personen und Sachen eingesetzt wurden und wie oft es zur Abgabe von Warnschüssean kam. Demnach gab es insgesamt 103 Fälle:

Davon entfallen auf die Grenze

zur Schweiz elf Fälle,
zu Frankreich neun Fälle,
zu den Niederlanden drei Fälle,
zu Dänemark ein Fall,
zu Polen 47 Fälle,
zur ehemaligen Tschechoslowakei fünf Fälle,
zur Tschechischen Republik 26 Fälle,
zur ehemaligen DDR ein Fall.

a) Auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgte dies?

Der Schußwaffengebrauch erfolgte auf der Grundlage des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG-Bund) bzw. in Notwehr.

b) Wie viele Personen wurden hierbei getötet?

Der Bundesregierung ist ein Fall bekannt, bei dem eine Person in Notwehr tödlich verletzt wurde (August 1962 im Bereich der Ortschaft Setzelbach). 

Lesen Sie die vollständige Drucksache 13/5845 vom 17.10.1996 des Deutschen Bundestages.

Gesetzlich ist der Schusswaffengebrauch folgendermaßen geregelt.

(dk)

Weitere Artikel:

AfD-Chefin zur Ultima Ratio im Grenzschutz: Notfalls Gebrauch von Schusswaffen – so steht es im Gesetz



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion