„Denunziation statt Diskussion“: Gauck prangert Gebrauch des Wortes „Lügenpresse“ an
In scharfen Worten hat Bundespräsident Joachim Gauck die Verwendung des Begriffs „Lügenpresse“ angeprangert. „Wer die Medien heute und hierzulande zur ‚Lügenpresse‘ umdeutet, dem geht es nicht um Diskussion, sondern um Denunziation“, sagte Gauck am Donnerstag in seiner Rede anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Deutschen Presserats. Er mahnte aber auch die Medien zum Ringen um die Wahrheit.
Gauck wies laut Redetext darauf hin, er habe in der DDR jahrzehntelang erlebt, was „Lügenpresse“ wirklich bedeute. Wer diesen Begriff heute für die deutschen Medien verwende, dem gehe es „nicht um Unvoreingenommenheit, sondern um Meinungshoheit“. Gauck sprach in diesem Zusammenhang von „destruktiven Energien des Populismus“. Die beste Antwort der Journalisten darauf sei, weiter ihre Arbeit zu machen „mit Verstand und Scharfsinn, Offenheit und Vorurteilslosigkeit“.
Der Bundespräsident sprach von einer allgemeinen „Vertrauenskrise, die wir beobachten“, und die neben den Medien auch Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und andere Institutionen von Staat und Gesellschaft treffe. Dies sei problematisch, denn der Erfolg der Demokratie „hängt davon ab, dass die Bevölkerung sich auf die demokratischen Institutionen und deren Vertreter stützt und verlässt“.
Was die Medien angehe, so seien bislang noch diejenigen, die sich von ihnen abwenden, nicht die Mehrheit – „aber es ist eine starke und lauter werdende Minderheit, die Misstrauen gegen Medien hegt“. Dabei gehe es jedoch weniger um Verstöße von Journalisten gegen das Sorgfaltsprinzip, wie sie auch vorkommen, sondern eher um Überzeugungen. Dazu zähle „der feste Glaube Mancher, einer Verschwörung fremder Mächte ausgeliefert zu sein“.
Dies sei grundsätzlich nicht neu, doch was heute erschrecke, sei „die maßlose Wut, ja der Hass auf die Medien“. Gauck sprach von „Parallelrealitäten“ und „Echoräumen“, in denen sich viele Menschen bewegten und in denen sich abgeschottete Gruppen „im Alleinbesitz der Wahrheit wähnen“. Wenn jedoch „Fakten eine immer geringere Rolle spielen, gefährdet das die Demokratie“.
Den Medien riet Gauck, in ihrer Arbeit „Respekt vor den Tatsachen und der Realität zu haben“ – auch wenn „Wahrheit“ häufig „nur schwer zweifelsfrei zu identifizieren“ sei. Hier sei die Aufgabe der Journalisten „genau hinzuschauen“ und „sich um eine wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit zu bemühen“. (afp)
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