Familiennachzug für subsidiär Geschützte wird wieder möglich – keine „nachhaltige Integration“ nötig
Der Bundestag hat das Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung des Familiennachzugs für Flüchtlinge gestartet: Das Plenum beriet am Freitag erstmals das Vorhaben, die derzeitige Aussetzung bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus zunächst bis Juli zu verlängern und danach jährlich 1000 Angehörige nach Deutschland zu lassen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einer „vernünftigen und maßvollen Regelung“. Die SPD signalisierte trotz Kritik Zustimmung, von der Opposition kam Ablehnung.
Keine „langfristige und nachhaltige Integration“ nötig
De Maizière verwies darauf, dass es keine völkerrechtliche Verpflichtung gebe, Flüchtlingen mit dem eingeschränkten subsidiären Schutzstatus den Familiennachzug zu ermöglichen. Die genauen Kriterien für den künftigen Nachzug müssen noch festgelegt werden. Nach den Worten de Maizières soll Bedingung sein, dass die Ehe schon vor der Flucht bestand, keine schwerwiegenden Straften vorliegen und es sich nicht um Gefährder handelt.
Der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) sagte, die subsidiär Geschützten müssten Deutschland etwa nach dem Ende des Krieges in Syrien wieder verlassen. Deshalb gehe es hier nicht um eine „langfristige und nachhaltige Integration“.
Demgegenüber sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl, der Schutz der Familie sei ein international verankertes Grund- und Menschenrecht. Die SPD werde den von der Union eingebrachten Gesetzentwurf zur weiteren Aussetzung aber mittragen, wenn dort das Enddatum 31. Juli für die Übergangsregelung eindeutig festgelegt werde. Außerdem müsse festgeschrieben werden, dass Anträge zum Familiennachzug bereits wieder unmittelbar nach Auslaufen der jetzigen Regelung Mitte März gestellt werden können.
AfD lehnt Familiennachzug ab
Für die AfD begründete der Abgeordnete Martin Sichert das generelle Nein zum Familiennachzug. Das Asylsystem sei zu einem Instrument der „Masseneinwanderung“ geworden, sagte er in der Debatte. Die subsidiär Geschützten müssten Deutschland mittelfristig wieder verlassen. „Familiennachzug macht da überhaupt keinen Sinn.“
Die FDP setzt sich in einem eigenen Gesetzentwurf dafür ein, den Familiennachzug nur in begründeten Härtefällen zuzulassen. Dies könnten im Einzelfall weniger, aber auch mehr als 1000 Fälle im Monat sein, sagte ihr Fraktionsvize Stephan Thomae. Die große Koalition habe es nach der Aussetzung des Familiennachzugs vor zwei Jahren bislang nicht geschafft, eine Nachfolgeregelung zu treffen. Er glaube daher nicht, dass es ihr bis Juli gelingen werde.
Grüne und Linke für Familiennachzug
Grüne und Linke bekräftigten ihre Forderung, den Familiennachzug für subsidiär Geschützte wieder in vollem Umfang zuzulassen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte das Vorhaben von Union und SPD als ungenügend. „Aus Menschenrecht wird Gnadenrecht. Das hat nichts mehr mit dem zu tun, was unser Land ausmacht.“
Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte, wer das Grundrecht des Familiennachzuges infrage stelle, spalte die Gesellschaft und zerstöre Integration. Der SPD warf sie vor, einen „faulen Kompromiss“ mitzutragen. Die Gesetzentwürfe zum Familiennachzug wurden zu weiteren Beratungen in den Hauptausschuss überwiesen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk appellierte an den Bundestag, die Aussetzung zu beenden. „Die derzeitige Rechtslage bedeutet für Familien subsidiär Geschützter eine Trennung auf viele Jahre“, erklärt die Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes, Anne Lütkes. Die Arbeiterwohlfahrt kritisierte, die Aussetzung des Familiennachzugs sei grund- und menschenrechtswidrig. (afp)
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