„Es sind keine Massen, die kommen“: Evangelische Kirche lehnt Obergrenze und Einschränkung des Familiennachzugs ab
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, hat sich sowohl gegen eine Obergrenze als auch gegen eine Einschränkung des Familiennachzugs ausgesprochen.
Für Humanität gebe es keine Obergrenze, sagte Bedford-Strohm den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es geht also nicht um die Frage, bei welcher Zahl unsere Verpflichtung zur Hilfe erfüllt ist, sondern es geht um die Frage: Wie viel Kraft haben wir?“ sagte er. „Es ist vor allem unerlässlich, dass wir die Fluchtursachen der Menschen in ihren Ländern bekämpfen.“
Für die Integration sei es schädlich, wenn Menschen lange Zeit von ihren Angehörigen getrennt seien. „Wenn die aktuellen Prognosen für den Familiennachzug zutreffen, halte ich ihn für verkraftbar“, sagte der Ratsvorsitzende. „Das sind keine Massen, die da kommen. Zudem haben wir eine humanitäre Verpflichtung zu helfen. Unser Verantwortungshorizont endet nicht an den bayerischen, deutschen oder europäischen Grenzen.“
Bedford-Strohm appellierte außerdem an die künftigen Regierungspartner, sämtliche Beschlüsse auf ihre globale Verträglichkeit hin zu überprüfen. Es gebe ein „weltweites Gerechtigkeitsproblem“, sagte der Ratspräsident der Funke-Mediengruppe. Daher solle für jede Entscheidung der neuen Bundesregierung, ein „Eine-Welt-Check“ durchgeführt werden.
Eine solche Verträglichkeitsprüfung stelle die Frage, welche Auswirkungen ein Beschluss auf „die schwächsten Glieder der Menschheit“ habe. Als wichtige Aufgabe einer möglichen Jamaika-Regierung nannte Bedford-Strohm den Kampf gegen den Klimawandel. „In Deutschland liegt der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß bei 9,1 Tonnen pro Jahr, in Tansania bei 0,2 Tonnen“, sagte er. „Das zeigt, dass diejenigen, die die ersten Opfer des Klimawandels sind, am wenigsten dazu beigetragen haben.“
Als dringendes Ziel forderte der bayerische Landesbischof den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleenergie. Kohle sei ein wesentlicher Faktor für den CO2-Ausstoß. Aber auch bei der Mobilität müsse man so schnell wie möglich den CO2-Ausstoß verringern. „Zu beurteilen, wann andere Antriebsarten die Verbrennungsmotoren letztlich sinnvoll ersetzen können, ist nicht Sache der Kirchen. Aber auch dieser Wandel ist nötig“, sagte Bedford-Strohm. „Dazu gehört aber auch, dass man mit den Arbeitsplätzen der Menschen so umgeht, dass es zu verantworten ist.“ (dts)
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