Druck auf Merkel wächst: Rufe nach Obergrenze werden lauter
Kurz vor dem Krisentreffen von CDU und CSU zur Abstimmung auf dem Weg nach Jamaika werden die Rufe nach einem Politik- und Personalwechsel in der Union immer lauter.
Die Junge Union (JU) pocht zum Auftakt ihres „Deutschlandtags“ in Dresden auf eine Schärfung des konservativen Profils – und eine klare Begrenzung der Zuwanderung. In der CDU werden zudem Stimmen lauter, die Basis stärker in die Verabschiedung eines künftigen Koalitionsvertrags einzubeziehen.
Beim „Deutschlandtag“ stellt sich Kanzlerin Angela Merkel an diesem Samstag in Dresden erstmals nach der Bundestagswahl der Parteibasis. Der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak fordert Konsequenzen aus dem desaströsen Wahlergebnis. „Es liegt offen auf der Hand, dass sich ein Teil unserer Wähler nicht mehr ausreichend von der Union repräsentiert fühlt“, sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur.
Eine zentrale Forderung bezieht sich auf die Begrenzung der Zuwanderung. Sie müsse von einem unionsgeführten Jamaika-Bündnis in einem Einwanderungsgesetz festgeschrieben werden, heißt es in einer „Dresdner Erklärung“, die der JU-„Deutschlandtag“ am Abend in der sächsischen Landeshauptstadt beschließen soll. „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Was wir nicht brauchen, ist eine ungesteuerte Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“, fordert der Parteinachwuchs in dem fünfseitigen Papier. Das Wort Obergrenze taucht in der Erklärung nicht auf.
Der seit Monaten laufende Streit über eine Obergrenze wird aber zentrales Thema eines Spitzentreffens von CDU und CSU am Sonntag zur Vorbereitung von Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen sein. Die CSU fordert die Aufnahme von höchstens 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Merkel lehnt eine solche pauschale Festlegung klar ab – Grüne und FDP auch.
CSU-Chef Horst Seehofer gab sich vor dem Spitzentreffen unnachgiebig. „Ich kann ohne eine Lösung zur Obergrenze zu meiner Basis nicht zurück“, sagte er in München. Ob er auf dem Wort Obergrenze bestehen wird, ließ er allerdings offen.
Der Vorsitzende der Jungen Union Bayern, Hans Reichhart, bekräftigte die CSU-Obergrenzenforderung. „Es muss einen Mechanismus geben, und zwar in Gesetzesform, der verhindert, dass sich das Jahr 2015 wiederholt – das muss die rote Linie der CSU sein“, sagte er der dpa. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich aber im „t-online“-Interview zuversichtlich, „dass wir zu konkreten Ergebnissen kommen“. Sich am Wort Obergrenze festbeißen wollte er nicht.
56 Prozent der Bevölkerung unterstützen die Forderung der CSU nach einer Obergrenze, 28 Prozent sind dagegen, eine konkrete Zahl im neuen Koalitionsvertrag zu verankern, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa ergab.
Neben einer strikteren Einwanderungspolitik richtet der Parteinachwuchs in der Erklärung einen ganzen Katalog an Forderungen an die künftige unionsgeführte Jamaika-Regierung. Sie müsse eine generationengerechte Politik verfolgen. Dazu gehörten stabile Finanzen sowie eine Rentenreform, bei der die junge Generation gehört werde. „Es darf keine weiteren Rentengeschenke zu Lasten der jungen Generation geben.“ Ein Jamaika-Bündnis müsse die digitale Infrastruktur ausbauen und Familie und Bildung fördern. Die JU spricht sich klar gegen ein von den Grünen gefordertes Verbot von Verbrennungsmotoren bis 2030 aus.
Jamaika sei nicht die Wunschkoalition für CDU und CSU, heißt es in dem Papier. Die Union müsse mit neuen Gesichtern sichtbarer und hörbarer werden. Deshalb brauche sie neue Köpfe. „Dazu muss sich die Union breiter aufstellen und den Mut haben, durch neue Gesichter in Regierung, Fraktion und Partei das gesamte Spektrum einer Volkspartei abzubilden.“ Das stärke auch Kanzlerin Merkel.
In der CDU werden zudem Rufe lauter, die Basis stärker in die Verabschiedung eines künftigen Koalitionsvertrags einzubeziehen. Die Kommunalpolitische Vereinigung der Union (KPV) forderte eine Abstimmung auf einem ordentlichen CDU-Parteitag. „Wir brauchen einen innerparteilichen Meinungsbildungsprozess, der sich nicht auf Regionalkonferenzen begrenzt“, erklärte der KPV-Vorsitzende Ingbert Liebing (CDU). Deshalb seien „ein Beteiligungsprozess innerhalb von CDU und CSU“ und ein CDU-Parteitag zu organisieren. (dpa)
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