Dresden: So heftig wurden Merkel und Gauck beschimpft – Polizei in der Kritik

Der Tag der Deutschen Einheit in Dresden war ein Tag voller Proteste und Konflikte: Merkel, Gauck und andere Politiker wurden massiv beschimpft. In der Festrede unterstellte Norbert Lammert den Protestierenden mangelndes Erinnerungsvermögen an die DDR. Die Polizei leistete sich den Fauxpas, Pegida "einen erfolgreichen Tag" zu wünschen und steht aus mehreren Gründen in der Kritik.
Titelbild
Pegida-Demonstranten heute vor der Dresdener Frauenkirche. Im Hintergrund das Plakat mit dem Goebbels-Zitat, das laut Polizei keinen Straftatbestand darstellt.Foto: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images
Von 3. Oktober 2016

Alles ging los heute morgen um circa 9.30 Uhr: Demonstranten hatten sich vor der Dresdener Frauenkirche versammelt, um die Polit-Elite auszupfeifen. Darunter auch die Pegida-Spitze um Lutz Bachmann und Siegfried Daebritz, die ihre Anhäger im Vorfeld mit Trillerpfeifen ausgestattet hatten. Der Protest gegen die Kanzlerin, den Bundespräsidenten und weitere Volksvertreter war im Vorfeld angekündigt worden.

Die Kanzlerin trifft vor der Frauenkirche ein

Pfiffe, Plakate, „Volksverräter“-Sprechchöre

Immer wieder gab es „Volksverräter“ und „Merkel muss weg“-Chöre, dazu „Haut ab!“, „Pfui!“ und „Buh!“, als die Gäste in der Frauenkirche einliefen. Dabei kam es auch zu Entgleisungen wie der vom MDR gemeldeten: „Ein dunkelhäutiger Mann wurde angepöbelt.“ Auf Twitter hieß es präziser: Ein dunkelhäutiger Ehrengast sei als „Bimbo“ beschimpft worden.

Der Protest vor der Frauenkirche wurde damit eine eigene Meldung und zog sich auch während des Festgottesdienstes hin. Die Frau des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) brach laut „Focus“ sogar in Tränen aus, als sie durch die aufgebrachte Menge ging.

Die Dresdener Polizei twitterte: „Die Situation am Neumarkt wird von Stadt und Polizei als Versammlung gewertet, aber Duldung, da keine Auswirkung auf Sicherheitsbereich und Protokoll“. „Um Zugang der Ehrengäste zu den Protokollveranstaltungen am Neumarkt zu gewährleisten, mussten Personen zurückgedrängt werden.“

Kritik an Polizei

Dresdens Polizei musste sich inzwischen für diese Ereignisse rechtfertigen. Nicht zuletzt hatte sie den Teilnehmern der Pegida-Demo am späteren Nachmittag „einen erfolgreichen Tag“ gewünscht. Dies stehe ihrem Neutralitätsgebot entgegen, schrieb sie mittlerweile.

Linke Gruppierungen hatten sich über die Sonderbehandlung von Pegida beschwert. Linke Proteste seien konsequent unterbunden worden, während Bachmann und Co. eine spontan Demo erlaubt wurde, so die Argumentation. Zuvor hatte sich auch der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek auf Twitter beschwert, dass die Polizei nichts gegen die Trillerpfeifen vor der Frauenkirche und die lang angekündigten Pegida-Proteste unternehme.

Hier die Vorwürfe und Fragen samt offizieller Stellungnahme der Polizei.

Warum wurde die Störungsaktion vor der Frauenkirche zugelassen bzw. nicht beendet?

Die Personen vor der Frauenkirche haben wir in Abstimmung mit der Stadt als verantwortliche Versammlungsbehörde als Versammlung angesehen. (Ein Versammlungsleiter gab sich nicht zu erkennen.) Von den Personen ging keine Gefahr für Ablauf und Sicherheit der Protokollveranstaltungen aus. Die verbalen Äußerungen bzw. die Trillerpfeifen werten wir als Form der Meinungsäußerung. Vor diesem Hintergrund wurde gemeinsam mit der Stadt entschieden, nicht einzugreifen.

Warum wurde das auf vielen Bildern zu sehende Schild mit dem Goebbels Zitat zwar bei einer Kontrolle gesehen, aber nicht beschlagnahmt?

Das benannte Schild ist uns bekannt. Eine strafrechtliche Relevanz kann derzeit nicht festgestellt werden. [Anm. d. Red: Das Schild ist seit langem bei Pegida zu sehen und lautet: (Zitat von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels): »Der Idee der NSDAP entsprechend sind wir die deutsche Linke … Nichts ist uns verhaßter als der rechtsstehende nationale Bürgerblock.« ]

Und warum wurden hunderte Trillerpfeifen „zugelassen“, obwohl diese laut Verhaltensregelung/Kodex anlässlich der Veranstaltungen in Rahmen der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit nicht zulässig sind?

Der Verhaltenskodex unterscheidet zwischen Bitten an die Besucher und Verboten. Er ist eher eine Art Selbstverpflichtung der Besucher und sieht keine Sanktionen vor. Die Personen befanden sich weder im Sicherheits- noch im Zuschauerbereich, sondern im generell für jedermann öffentlichen Festgelände. Ein Verbot für Trillerpfeifen, straf- oder ordnungsrechtlich, gibt es nicht.

Stimmt es, dass die Polizei den Teilnehmern der PEGIDA-Demonstration „einen erfolgreichen Tag“ gewünscht hat?

Die Polizei ist im Einsatz ein Garant für Neutralität. Der Auflagenbescheid musste durch uns über den Lautsprecherwagen verlesen werden, um die Kenntnisnahme dieser durch alle Demonstrationsteilnehmer sicherzustellen. Dies war aufgrund eines technischen Defekts beim Veranstalter notwendig.

Die Äußerung am Ende entspricht nicht unserer Philosophie und wird einer Überprüfung unterzogen.

Noch mehr Details zu den Feiern in Dresden siehe LIVE-TICKER.



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