Diskussion über Leitkultur-Thesen: „Jeder, der sich dagegen stellt, muss sich fragen lassen, wie er die Integration vorantreiben will“

Innenminister de Maizière will mit seinen Thesen zur Leitkultur eine Diskussion anstoßen. Die Opposition winkt ab. Ihr reicht die Verfassung. Aber aus der Union kommt schon der Ruf nach dem Gesetzgeber.
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Bundestag.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Epoch Times2. Mai 2017

Der Unions-Wirtschaftsflügel hat in der von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) angestoßenen Debatte über zentrale Elemente einer deutschen Leitkultur Konsequenzen gefordert.

„Immer nur „Nein“ zu sagen, reicht nicht aus“, sagte der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann (CDU), der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Richtig ist aber auch, dass die Debatte nur der Anfang sein kann. Am Ende müssen gesetzgeberische Schritte folgen. Appelle allein reichen nicht.“

„Die Debatte, die der Bundesinnenminister losgetreten hat, war längst überfällig“, verteidigte der CDU-Bundestagsabgeordnete Linnemann den Vorstoß de Maizières. „Jeder, der sich jetzt wieder reflexartig dagegen stellt, muss sich fragen lassen, wie er die Integration vorantreiben will.“

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigte de Maizière und verlangte konkrete Taten: „Wir brauchen aber nicht nur Worte, sondern auch eine klare Umsetzung: Wer sich als Zuwanderer nicht in Deutschland integrieren will, muss in letzter Konsequenz unser Land verlassen. Denn nicht zuletzt der starke Flüchtlingszustrom der letzten Jahre hat große Teile der Bevölkerung verunsichert“, sagte er der „Welt“.

Nur mit dem Grundgesetz sei es nicht getan, sagte auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Stolz auf Schwarz-Rot-Gold zu sein, gehöre zu den Werten der deutschen Leitkultur, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“. Die sei „mehr als nur das Grundgesetz“. Es seien die Werte, die das Zusammenleben in unserem Land ausmachten – „beispielsweise dass wir eine Aufsteigergesellschaft sind, dass sich Leistung lohnt, dass wir stolz auf Schwarz-Rot-Gold sind“, sagte Tauber.

De Maizière hatte die Bundesbürger am Wochenende aufgerufen, sich selbstbewusst zu einer deutschen Leitkultur zu bekennen und sie vorzuleben. Der Innenminister nannte einen Katalog von zehn Punkten, der jenseits von Grundrechten und Grundgesetz nach seiner Meinung die Leitkultur ausmacht. So seien für Deutschland Respekt und Toleranz wichtig. Zum Mehrheitsprinzip gehöre der Minderheitenschutz. Gewalt werde grundsätzlich nicht akzeptiert. Deutschland sei eine „offene Gesellschaft“. „Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“

CDU-Vize Thomas Strobl sagte der „Heilbronner Stimme“: „Der Einwurf des Bundesinnenministers ist goldrichtig.“ Er fügte hinzu: „Wenn ich mir anschaue, wie die in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger beim Referendum abgestimmt haben, muss ich sagen: Das ist auch eine Folge gescheiterter Integration.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Es ist überfällig, dass die Debatte über Leitkultur endlich auch in Berlin geführt wird.“

Aus den Reihen von SPD, FDP und Grünen kam Widerspruch. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete den Vorstoß de Maizières mit Verweis auf die Verfassung als unsinnig. „Die deutsche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

FDP-Chef Christian Lindner sagte der dpa, de Maizière wolle lediglich Wahlkampf machen: „Der Beitrag von Herrn de Maizière ist ein Ablenkungsmanöver. Die CDU bringt eine moderne Einwanderungspolitik mit gesetzlicher Grundlage nicht zustande. Stattdessen werden jetzt alte Debatten aufgewärmt.“

Aus Sicht von Grünen-Chefin Simone Peter braucht Deutschland keine Debatte über eine Leitkultur, sondern „eine neue Innenpolitik, die Integration voranbringt, rechte Netzwerke prüft und islamistische Gefährder im Auge hat“, betonte sie via Twitter.

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry ging den Innenminister über Twitter persönlich an: „Modell de Maizière: Deutsche Leitkultur während der Legislatur torpedieren, zwei Wochen vor der Wahl den großen Kulturverteidiger spielen“, schrieb sie. (dpa/so)



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