Der Chefanwerber des Islamischen Staats in Deutschland kommt vor Gericht
Jahrelang galt er als Phantom, als schwer fassbare Spinne im Netz der radikalislamischen Szene in Deutschland – Ahmad Abdulaziz Abdullah A., bekannt als Abu Walaa.
Im vergangenen November aber hatten die Sicherheitsbehörden endlich genug gegen den 33-Jährigen in der Hand. Gestützt auf die Aussagen eines V-Manns holten sie zum Schlag gegen den Prediger aus, der ihrer Darstellung nach ein zentraler Repräsentant der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Deutschland war.
Am kommenden Dienstag beginnt vor dem Oberlandesgericht (OLG) im niedersächsischen Celle der Prozess gegen den Iraker und vier weitere Mitangeklagte, die Teil seines salafistischen Netzwerks gewesen sein sollen und seit ihrer Festnahme Ende vergangenen Jahres allesamt in Untersuchungshaft sitzen. Es geht um Mitgliedschaft und Unterstützung einer ausländischen Terrorvereinigung, aber auch um Terrorfinanzierung und Beihilfe zur Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat.
Acht Dschihadisten sollen A. und seine vier Komplizen in den Jahren 2014 und 2015 von Deutschland zum IS nach Syrien und in den Irak geschleust haben, wo sie sich an Kämpfen beteiligten. Laut Bundesanwaltschaft zählten dazu unter anderem auch die Zwillinge Mark und Kevin K. aus Nordrhein-Westfalen, die sich bei Angriffen auf irakische Soldaten in die Luft sprengten.
Konkret geht es in dem Prozess vor dem OLG also vor allem um Abu Walaas Rolle bei der Radikalisierung dieser Rekruten und der Finanzierung ihrer Ausreise. Aber seine Bedeutung geht mutmaßlich deutlich über diese Anklagepunkte hinaus. Laut Bundesanwaltschaft war A. eine „Schlüsselfigur“ für die Szene.
So war A. früher Imam der Moschee des Deutschen Islamkreises Hildesheim, eines Anlaufpunkts für radikale Islamisten. Diesen Verein verbot das niedersächsische Innenministerium im März, weil nach den Erkenntnissen der Behörden dort Muslime „in konspirativer Art und Weise zielgerichtet radikalisiert“ und dazu verleitet wurden, sich dem Kampf des IS anzuschließen.
A. beließ es aber nicht bei Auftritten in Hildesheim, sondern reiste quer durch die Bundesrepublik, um seine Ideologie in sogenannten Islamseminaren auch an anderen Sammelpunkten der Szene zu verbreiten. Der Anklage zufolge unterhielt A. darüber hinaus „direkte Kontakte“ zur IS-Führungsriege im Nahen Osten.
Immer wieder kam sein Name in den vergangenen Jahren auch dort ins Spiel, wo es um islamistische Anschläge in Deutschland ging. So verkehrte Abu Walaa unter anderem auch in dem im Februar verbotenen Berliner Islamistenverein Fussilet 33. Dort hielt sich Berichten zufolge der Attentäter Anis Amri auf, der im Dezember auf einem Berliner Weihnachtsmarkt mit einem Lastwagen zwölf Menschen tötete. Mehrfach gab es auch schon Spekulationen über mögliche Verbindungen Amris nach Hildesheim.
Zu guter Letzt sollen zwei der drei Jugendlichen mit Kontakten zur nordrhein-westfälischen Salafistenszene, die 2016 einen Sprengstoffanschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen verübten, laut Berichten ein Seminar von Abu Walaa besucht haben. Und er beließ es demnach nicht nur bei der Theorie: Den Ermittlern sollen Belege dafür vorliegen, dass A. vor seiner Zeit als IS-Propagandist in Deutschland im Ausland für den IS kämpfte.
Maßgeblich stützen sich die Ankläger nach eigenen Angaben auf die Aussagen jener „Vertrauensperson“, die früher in „engem Kontakt“ mit A. stand und sich dann zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden entschloss. Um wen es sich genau handelt, ist streng geheim. A. rief bereits zur Ermordung dieses Menschen auf.
In dem voraussichtlich mindestens bis Januar 2018 dauernden Prozess gegen den IS-Chefanwerber in Deutschland wird der Zeuge deshalb vermutlich auch fehlen. Einem Pressebericht zufolge lehnten die Sicherheitsbehörden eine Aussagefreigabe für den Mann aus Sicherheitsgründen ab. Es bestehe Gefahr für Leib und Leben. Der Arm von Abu Walaa reicht womöglich weit. (afp)
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