Berlin-Wahl: AfD will zweitstärkste Partei werden – „Berlins Bevölkerung euphorisch-interessiert nach Meck-Pomm-Erfolg“

Die Bevölkerung interessiere sich für die AfD wie nie zuvor. Man wolle bei der Abgeordnetenhaus-Wahl am 18. September zweitstärkste Partei werden. Das war offizielle Botschaft bei einer Wahlkampfveranstaltung gestern in Berlin-Zehlendorf. Es sprachen u.a. der Berliner Spitzenkandidat Georg Pazderski und Beatrix von Storch. Hier ihre Thesen.
Titelbild
Die AfD-Spitzen Frauke Petry, Leif-Erik Holm, Joerg Meuthen und Georg Pazderski bei einer Pressekonferenz in Berlin am 5. September.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times8. September 2016

Nach den Wahlen in Meck-Pomm sei die Berliner Bevölkerung für die AfD aufgeschlossen und so interessiert wie nie zuvor. Das habe man bei einem Infostand gestern in Zehlendorf eindrucksvoll bemerken können, so Hans-Joachim Berg, Vorsitzender der AfD in Steglitz-Zehlendorf gestern bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bürgersaal von Zehlendorf. Berg sprach gar von einer „euphorischen Stimmung“, die seinen Wahlkampfhelfern entgegengetragen wurde. Zehlendorf ist mit 180 Mitgliedern die stärkste AfD-Hochburg in ganz Deutschland.

Der Saal war voll und mehrere Fernsehteams waren anwesend.

Vor dem Veranstaltungsort verteilten Helfer der CDU und SPD demonstrativ Materialien. Eine kleine Demonstration mit Plakaten wie „Nazifrei und Spaß dabei“ hatte sich ebenfalls eingefunden. Das Polizeiaufgebot war groß.

Bei der Veranstaltung sprachen der Berliner Spitzenkandidaten Georg Pazderski und Beatrix von Storch, sowie Sabine Gollombeck, die für die Bezirksverordnetenversammlung kandidiert.

Die Reden waren stark fakten- und inhaltsbezogen. Allen voran Beatrix von Storch, die einen Überblick über die steigenden Wahlergebnisse der AfD seit 2013 gab, die von Politik und Medien stets versucht wurden, als Ausrutscher wegzudiskutieren. Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern sei man nun „angekommen“, so die Europa-Abgeordnete. „Die AfD ist ein parteipolitischer Machtfaktor geworden“. „Wir verschieben die öffentliche Meinung, wir verschieben die Debatten.“

Von Storch ging verschiedene AfD-Positionen durch, neben dem Thema Innere Sicherheit: Man sei für freien Handel, aber gegen das TTIP. Das Thema Euro werde wieder hochkochen, diesmal in Italien.

„Ja zur Nato als Verteidigungsbündnis, aber nicht als Interventionarmee“. Gendermainstream bezeichnete sie als „Wohlstandsmüll“. Die AfD erkenne es nicht als Wissenschaft an und fordere deshalb das Ende aller Finanzierungen von Gender-Lehrstühlen in Deutschland.

Sie fordert den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei: Was Merkel im Umgang mit Erdogan mit sich und Deutschland machen lasse sei „unwürdig“. (Starker Applaus.)

Justiz entpolitisieren

Heiko Maas nannte sie „einen unserer größeren Wahlkampfunterstützer“ und kam auf den Skandal um „Netzpolitik.org“ zu sprechen: Maas hatte verfügt, der Generalbundesanwalt solle die Ermittlungen gegen „Netzpolitik“ einstellen und bestritt dies später. Schlimm sei nicht so sehr, dass der Justizminister gelogen habe, sondern dass er Weisungen erteilen könne, mit denen er in die Strafjustiz eingreifen könne und dass es weisungsgebundene Staatsanwälte gebe. Dies sei der eigentliche Skandal, so von Storch.

Die neue Hatespeech-Definition

Auch auf die neue Hatespeech-Definition des Bundesinnenministeriums (BI) wies von Storch hin. Sie sei in einem Tweet vom 28. Juli 2016 zu lesen gewesen. Dieser lautete wörtlich: „Wir sprechen uns gegen Hatespeech aus, egal ob strafbar oder nicht. Jeder darf seine Meinung äußern, aber sachlich und ohne Angriffe.“

Damit habe das BI artikuliert „dass unser Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nunmehr beendet ist. Es sind jetzt nur noch Äußerungen erlaubt, die sachlich sind und keine Angriffe beinhalten“, so die AfD-Politikerin. „Das ist ein ultimativer Anschlag auf das zentrale Grundrecht für unsere demokratische Grundordnung“.

Die AfD sei gegen Hass und Hetze, aber uneingeschränkt für die freie Meinungsäußerung. Sie stehe für eine alternative Politik der Vernunft.

Bildungsnot und verfallene Schulen

Dann sprach Sabine Gollombeck, die für die Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf kandidiert, über verschiedene Fälle von Polit- und Investorenwillkür, in denen Bürger übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt wurden oder zu werden drohen.

Sie sprach auch über den Berliner Bildungsnotstand und sanierungsbedürftige Schulen – es gebe einen Sanierungsrückstau von 5 Mrd. Euro. Die Zahl der Schulabbrecher wachse, ebenso die Zahl der funktionalen Analphabeten. 40 Prozent der Berliner Jugendlichen, die eine Ausbildung begännen, würden diese abbrechen. Um diese jungen Menschen, die von Elternhäusern wie Schulen im Stich gelassen wurden, müssten sich verstärkt Jobcenter-Mitarbeiter kümmern. Gollombeck weiß wovon sie spricht, sie selbst ist seit 2005 Arbeitsvermittlerin für unter 25-Jährige.

Pazderski: „Bürger fühlt sich nicht mehr sicher“

Danach sprach der Berliner Spitzenkandidat Georg Pazderski. Auch er knüpfte an das Bildungsthema an und erwähnte, dass es auch bei Straßen in Berlin einen Sanierungsbedarf von 1,3 Milliarden Euro gebe. Zum Thema Innere Sicherheit sagte er, dass er U-Bahn und S-Bahn fahre und deshalb bestätigen könne, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gesunken sei – auch sein eigenes. „Der Bürger fühlt sich nicht mehr sicher in der Stadt.“

„Und wenn ich feststelle, dass eine halbe Hundertschaft Polizisten hier vor dem Haus steht, um unsere Veranstaltung zu schützen, dann frage ich mich, wo sind wir eigentlich hingekommen in Deutschland?“ Für diese Aussagen erntete er starken Applaus.

Pazderski forderte 2.000 weitere Polizisten in Berlin und eine stärkere Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit. Außerdem müsste die Polizei besser bezahlt werden. Der Krankenstand von 20 Prozent lasse auf Überlastung, Demotivation und schlechte Führung der Beamten schließen, so die Ansicht des Oberst a. D., der vierzig Jahre bei der Bundeswehr diente. Die Polizei müsse nicht nur bei den 4.000 Demonstrationen, die jährlich in Berlin stattfinden, dabei sein. Der einzelne Beamte müsse außerdem Konsequenzen fürchten, wenn er mal „einen Straftäter zu hart angefasst“ habe. Für Pazderski ein Unding. Man könne „die Leute, die uns beschützen“ nicht weiter einschränken und kaputtsparen.

„Flüchtling kostet 3.500 Euro pro Monat“

Auch über das Berliner „Flüchtlings-Chaos“ sprach er. Berlin sei maßlos überfordert, noch immer würden Turnhallen als Notunterkünfte genutzt, noch immer müssten Menschen am Lageso lange warten, bis sie überhaupt ihren Asylantrag stellen könnten. Pazderski plädierte dafür, Menschen in ihren Heimatregionen zu helfen und sagte: Es gebe seriöse betriebswirtschaftliche Berechnungen, wonach ein Flüchtling den deutschen Staat 3.500 Euro pro Monat koste – unbegleitete Minderjährige sogar 5.250 Euro. Die Betreuung und Unterbringung des Axt-Attentäters von Würzburg habe mit 145 Euro pro Tag zu Buche geschlagen. (Ein junger Zuhörer bezweifelte dies in der anschließenden Diskussion.)

Er wolle das Land seinen Kindern so hinterlassen, wie er es bekommen habe, so Pazderski. Dies sei der Grund gewesen, warum er in die AfD eingetreten sei und beschlossen habe, politisch aktiv zu werden. Er kündigte an, dass es sich die Berliner AfD nun zum Ziel gesetzt habe, am 18. September die zweitstärkste Partei zu werden.

In einer Umfrage, die heute von Infratest dimap für die ARD (Befragungszeitraum 6./7.9) veröffentlicht wurde, erhielt die SPD 21%, die CDU 19%, die Grünen 16%, die Linke 15%, die AfD 15% und die FDP 5%.

(rf)

Demo gegen AfD-Veranstaltung am 7. September 2016 in Berlin-Zehlendorf. Foto: Epoch Times / rf

Demo gegen AfD-Veranstaltung am 7. September 2016 in Berlin-Zehlendorf. Foto: Epoch Times / rf



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