Banken und Sparkassen: Girocard konsequent aufs Smartphone bringen

Das blau-rote Maestro-Logo wird ab Juli 2023 von der Girocard verschwinden. Deutschlands meistgenutzte Bankkarte bekommt neue Funktionen.
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Die „EC-Karte“, Deutschlands meistbenutzte Geldkarte, verändert sich, die Funktionen sollen künftig aufs Smartphone.Foto: iStock
Epoch Times3. Dezember 2022

Deutschlands Banken und Sparkassen bereiten Änderungen bei der Girocard vor. Die Maestro-Funktion, die der Kartenbetreiber Mastercard anbietet, verschwindet.

„Durch die Kündigung der Maestro-Funktion kann in der Öffentlichkeit fälschlicherweise das Gefühl entstanden sein, die Girocard sei nicht mehr so einsetzbar wie bisher. Aber das Gegenteil ist der Fall“, sagte die Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Henriette Peucker, der „Deutschen Presse-Agentur“ in Frankfurt.

„Wir wollen die Girocard mit neuen Funktionen im Online-Handel und in der digitalen Welt noch besser nutzbar machen“, kündigte Peucker im Namen der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) an. Der BdB ist in diesem Jahr Federführer dieses Dachverbandes der fünf großen Bankenverbände in Deutschland.

„Girocard konsequent auf das Smartphone bringen“

„Dabei geht es zum Beispiel um die Möglichkeit, eine Kaution zu hinterlegen, etwa bei der Reservierung eines Hotelzimmers oder eines Mietwagens“, erläuterte Peucker die Pläne zur Erweiterung der Girocard-Funktionen. „Und auch darum, die Girocard konsequent auf das Smartphone zu bringen und so auch für In-App-Zahlungen zu öffnen.“

Wann genau die neuen Funktionen kommen werden, ließ Peucker offen: „Es ist noch nicht der Moment, einen festen Zeitplan zu nennen. Die Vorbereitungen laufen.“

Die Girocard, die von vielen immer noch „EC-Karte“ genannt wird, ist mit 100 Millionen ausgegebenen Exemplaren die mit Abstand am meisten genutzte Bankkarte in Deutschland. Tagtäglich wird mehr als 17 Millionen Mal mit der Girocard bezahlt, 42 Prozent des Einzelhandelumsatzes in Deutschland werden auf diesem Wege beglichen.

Das könnte den Verbraucher etwas kosten

Es gehe darum, Lücken im Girocard-System zu schließen, betonte Peucker. „Die Girocard ist die meistgenutzte Bankkarte in Deutschland und das meistgenutzte Zahlungsmittel an den Ladenkassen in Deutschland. Daher entwickeln wir die Girocard weiter und richten sie noch stärker an den Bedürfnissen der Kunden aus.“

Müssen Verbraucherinnen und Verbraucher damit rechnen, dass die zusätzlichen Funktionen der Girocard sie etwas kosten? „Jedes Institut entscheidet selbst über seine Produkt- und Preispolitik“, antwortete Peucker und sagte zugleich: „Bezahlfunktionen stehen im Wettbewerb, für Kunden gibt es Alternativen. Das ist allen bewusst.“

Digitale Identität

Wie der US-Kreditkartenanbieter Mastercard im vergangenen Oktober mitteilte, wird Maestro im Juli kommenden Jahres nach mehr als 30 Jahren Geschichte sein und auslaufen. Es sei an der Zeit, die Nutzung von Zahlungskarten an den digitalen Lifestyle von heute anzupassen. Experten zufolge dürfte Visa nachziehen und auch V-Pay einstellen.

Damit zementieren die beiden großen US-Kartenbetreiber in Ermangelung eines alternativen europäischen Systems ihre Marktmacht – an Visa und Mastercard, Apple Pay oder Paypal kommen die Banken kaum noch vorbei. Experten befürchten angesichts der nahenden Dominanz von Mastercard und Co im europäischen Zahlungsverkehr auch einen großen Schritt auf dem Weg zur digitalen Identität.

Frankreich etwa ging mit Mastercard bereits vor zwei Jahren eine vierjährige Partnerschaft für die digitale Wirtschaft ein. Das Ziel: Die Erarbeitung eines digitalen ID-Systems, das den Zugang zu Gesundheits-, Finanz- und Sozialdienstleistungen bestimmt. 

Mastercard, eID und Trust Stamp

In Indien ist die eID bereits für mehr als eine Milliarde Menschen Realität – inklusive vieler Probleme. Das dortige Portal Aadhaar ist heute das größte biometrische Identifikationssystem der Welt und dient als Zugang zu Regierungsdiensten.

Mastercard ist an Aadhaar beteiligt. Zudem ging der Kreditkartengigant 2018 eine Partnerschaft mit der globalen Impf-Allianz Gavi ein.

Das Aadhaar-Konto einer Person ist mit den unterschiedlichsten Daten und Systemen verknüpft: mit einer PAN (Permanent Account Number), dem PDS (Public Distribution System), dem Direct Benefit Transfer (DBT) und ihren Bankkonten. Selbst die Beschaffung eines neuen Passes oder der Kauf und die Übertragung von Eigentum ist ohne Aadhaar nicht möglich.

Zugleich übt Mastercard den Schulterschluss mit Trust Stamp, einer auf Künstlicher Intelligenz basierenden Firma für Identitätsauthentifizierung. Ziel des gemeinsamen Vorhabens war der Aufbau einer Plattform für biometrische Identitäten in abgelegenen Gemeinden mit niedrigem Einkommen in Westafrika.

Basis ist der sogenannte Wellness Pass, ein digitaler Impfpass, der mit einem Identitätsprüfungssystem verbunden ist, das von NuData, der Technologie für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, gespeist wird, die ebenfalls zum Mastercard-Imperium zählt. Derartige Projekte werden von Fachleuten als Testläufe für andere Weltregionen angesehen.

Nicht zuletzt wird die Trust-Stamp-Technologie im Mastercard-Projekt von Strafverfolgungsbehörden genutzt. Gefängnisse füttern damit ihre Überwachungssysteme und nutzen die Technologie zum Durchforsten und Zusammenführen von Daten, um Tatverdächtige zu ermitteln. 

Die Vorherrschaft über die Girokarte und deren europäische Pendants ist somit nicht nur eine Machtfrage, wer den Zahlungsverkehr der Zukunft kontrolliert.

Deutschen Kunden wird Giropay angeboten

Zurück zu den deutschen Bankkunden. Attraktiver machen wollen Deutschlands Banken und Sparkassen ihr Zahlungsangebot auch durch die Einbindung der Girocard in ein gemeinsames Online-Bezahlverfahren. „Die technischen Vorbereitungen sind abgeschlossen, jetzt wird das Angebot den Kunden zur Verfügung gestellt“, fasste Peucker den aktuellen Stand bei diesem Thema zusammen. „Der erste Händler bietet es bereits an.“

Im März 2021 hatte die Deutsche Kreditwirtschaft angekündigt, ihre Online-Bezahlverfahren Paydirekt, Giropay und Kwitt unter der Marke Giropay zu verschmelzen. Vom 10. Mai 2021 an wurden Verbraucherinnen und Verbraucher in einer mehrmonatigen Übergangsphase an die neue Marke herangeführt.

Öffentlich-rechtliche, genossenschaftliche und private Institute wollen durch die Zusammenführung der Bezahlverfahren ermöglichen, im Internet auf möglichst einfachem Weg zu bezahlen sowie schnell Geld von Konto zu Konto zu überweisen – unabhängig davon, bei welcher Bank das Konto letztlich geführt wird.

Als operative Betriebsgesellschaft für die Zusammenführung der Online-Bezahlverfahren der Banken und Sparkassen in Deutschland fungiert Paydirekt. (dpa/ks)



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