Ausweis abgelaufen, nicht gezahlt, Knast – 82-Jährigen trifft „Härte des Rechtsstaates“

Während im Zuge der Migrationswelle Zigtausende mit falschen, ungültigen oder gar keinen Pässen ins Land kamen und zum Teil so auch noch hier unterwegs sind, tritt mancherorts der Amtsschimmel barbarisch um sich, wenn es um "Einheimische" geht, deren Pass abgelaufen ist.
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SymbolbildFoto: Al Bello/Miguel Villagran/Getty Images/epd
Epoch Times28. Juni 2016

Vier Jahre lang hielt der heute 82-Jährige aus St. Georgen im Schwarzwald gegen den Amtsschimmel durch. Jetzt holte ihn die Polizei aus seiner Wohnung ab und steckten ihn ins Gefängnis in Villingen-Schwenningen – zur Erzwingungshaft.

Der Personalausweis des Rentners lief im Februar 2011 ab, worauf er im Rathaus St. Georgen einen neuen beantragte. Allerdings konnte der Pensionär auch nach mehreren Anläufen kein biometrisches Passbild erbringen. Dann ließ er es ganz bleiben. Doch die Verwaltung erwachte, weil es eines jeden Bürgers Pflicht ist, einen gültigen Personalausweis zu besitzen, berichtet die "Südwestpresse" über den Fall.

Die Maschine rollt

Der 82-Jährige bekam daraufhin mehrere Aufforderungen einen Ausweis zu beantragen, welche er ignorierte. Eine Anzeige folgte und das Amtsgericht Villingen-Schwenningen verurteilte den Mann zu einer Geldbuße von 50 Euro und 150 Euro Gerichtskosten. Der alte Mann blieb stur und zahlte nicht.

Nun wurde die Staatsanwaltschaft Konstanz aktiv und schickte dem Mann Post und einen Gerichtsvollzieher vorbei. Doch der Greis zahlte nicht und ließ auch den Gerichtsvollzieher nicht in die Wohnung, um nach pfändbaren Sachen zu schauen.

Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, Andreas Mathy, erklärte: "Wer nicht zahlt und auch die Wohnung nicht durchsuchen lässt, wird aufgefordert, eine Vermögensauskunft zu erteilen." Auch dies verweigerte der alte Mann und auch einen weiteren Termin mit dem Gerichtsvollzieher ließ er verstreichen.

In den Knast ohne Schulderlass

Anfang Februar wurde der Haftbefehl erlassen und vier Wochen später vollstreckt, weil der Rentner immer noch nicht zahlte. Doch die Schuld bleibt, da eine Geldbuße nicht wie eine Geldstrafe abgesessen werden kann. Nun wird der alte Mann mit Unterbrechungen immer wieder in Haft genommen, es sei denn, er zahlt oder erteilt eine Vermögensauskunft.

Das Corpus Delicti, der Personalausweis, wurde inzwischen auch schon erneuert – mit biometrischem Passbild.

Ach ja, und wenn mancher glaubt, das sei ein Einzelfall…

Bußgelder auch an der Ostseeküste

Im Ostsee-Ort Barth prangerte jetzt ein Stadtvertreter der SPD die Verwaltung des Amtes an, weil diese Bußgeldbescheide verschickte, wenn Bürger es versäumt hatten, einen neuen Personalausweis zu beantragen. Die "Täter" sollten 100 Euro Buße tun und die Verfahrenskosten tragen. Bei Nichtzahlung droht Haft. "Da muss man sich ja wirklich wie ein Schwerverbrecher vorkommen", empört sich Stadtvertreter Holger Friedrich, meldet die "Ostsee-Zeitung".

Juristisch gesehen richtet sich die Stadtverwaltung nach dem Personalausweisgesetz. Das weiß auch Stadtvertreter Peter Hermstedt von der FDP: "Ja, ein abgelaufener Personalausweis verliert seine Gültigkeit. Dann besitzt man im Sinne des Gesetzes keinen Ausweis mehr und handle ordnungswidrig."

Allerdings hätte das Amt auch Ermessensspielräume und sei nicht verpflichtet, mit Geldbußen gegen derartige Versäumnisse vorzugehen. Auch ließe sich der Haushalt mit solch geringen Einnahmen nicht sanieren. Seiner Meinung nach hätte das Amt mit einer Bürgerinformation für Aufklärung sorgen können, was für Bürgerfreundlichkeit gesprochen hätte.

Verwaltungschef Stefan Kerth (SPD) reagierte verständnisvoll. Er verstehe den Ärger, stelle sich aber hinter das Einwohnermeldeamt. Einrenkend sagte er, dass auch nicht jeder Säumige eine Geldbuße bekäme. Wessen Ausweis gerade erst vor Kurzem abgelaufen sei, der werde nicht belangt. (sm)



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