Aufnahmestopp für Ausländer bei Essener Tafel – Dobrindt widerspricht der Kanzlerin

Massive Kritik, eine bundesweite Debatte und eine Krisensitzung: Doch die Essener Tafel bleibt vorerst bei ihrem Aufnahmestopp für Ausländer. Ein Runder Tisch soll Lösungen beraten. Derweil geht die Vergabe neuer Kundenkarten weiter - an deutsche Bedürftige.
Epoch Times28. Februar 2018

Nach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat auch der Innenexperte der Partei, Stephan Mayer, Verständnis für die Entscheidung der Essener Tafel gezeigt, vorerst nur noch Deutsche neu in ihre Kartei bedürftiger Menschen aufzunehmen.

Jede Tafel stehe vor der Problematik, dass sie nur eine gewisse Menge an Lebensmitteln und Getränken zur Verteilung habe, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag der „Passauer Neuen Presse“. „Dabei müssen wir entschieden dem Eindruck entgegenwirken, dass wegen der Migrations- und Flüchtlingskrise und den enormen Mitteln, die der Staat für Flüchtlinge und Migranten aufwendet, hilfsbedürftige Deutsche schlechter gestellt werden und kürzer treten müssen.“

Die Essener Tafel vergibt neue Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln seit dem 10. Januar vorübergehend nur noch an Bürger mit deutschem Ausweis. Begründet wird dies mit einem sehr hohen Anteil an Ausländern, weshalb sich etwa viele ältere Menschen nicht mehr wohlfühlten und das Hilfsangebot nicht mehr wahrnähmen.

Dobrindt stellt sich gegen Merkel

Auch Alexander Dobrindt unterstützt die Entscheidung der Essener Tafel. „Es ist richtig, dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer Verdrängung kommt an der Tafel“, sagte er.

Dobrindt habe mit dem Vereinsvorsitzenden Jörg Sartor gesprochen und unterstütze seine Entscheidung. Es dürfe nicht sein, dass „die, die angestammt berechtigt sind“, durch respektloses Verhalten anderer von der Tafel ausgeschlossen würden, sagte der frühere Bundesverkehrsminister. „Der Handlungsdruck war groß an dieser Stelle“, sagte Dobrindt. Die Balance müsse wiederhergestellt werden. Die Diskussion zeige, dass die Integrationsfähigkeit des Landes begrenzt sei.

Damit stellt sich Dobrindt klar gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie missbilligt die Entscheidung der Essener Tafel. Auch Sozialverbände, Politiker verschiedener Parteien und Tafeln anderer Bundesländer halten das Vorgehen für falsch.

Im Fokus der Tafel stehen Alleinerziehende, Senioren und Familien

Heute stellt die Essener Tafel neue Berechtigungen für Lebensmittelpakete aus. Der Verein hatte am Dienstag bei einer Krisensitzung beschlossen, zunächst an der Anfang Januar eingeführten Praxis festzuhalten. Die Tafel vergibt einmal in der Woche mittwochs neue Kundenkarten, die in der Regel für ein Jahr gültig sind. Der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor geht davon aus, dass wie üblich rund 50 neue Berechtigungen vergeben werden können.

Nach der massiven Kritik an dem Aufnahmestopp strebt die Tafel aber eine Neuregelung bei der Verteilung der Lebensmittel an. Die Stadt Essen und der Vereinsvorstand beschlossen die Gründung eines Runden Tisches. Dieser solle Lösungsansätze beraten, sagte Sozialdezernent Peter Renzel.

Im Fokus der Tafel stünden Alleinerziehende, Senioren und Familien mit minderjährigen Kindern, hieß es. Der vorübergehende Aufnahmestopp für Ausländer solle bleiben, „bis wir am Runden Tisch gemeinsam tragfähige Lösungen erarbeitet haben“, sagte Renzel. Die Runde, zu der auch Wohlfahrtsverbände und Migrantenorganisationen eingeladen werden, soll in den nächsten 14 Tagen erstmals zusammenkommen.

Bundeskanzlerin Merkel hatte am Dienstag mit dem Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) telefoniert. Merkel habe sich kundig gemacht, berichtete Renzel. Und sie habe deutlich gemacht, dass sie die Arbeit der Ehrenamtlichen sehr schätze. Grünen-Chef Robert Habeck mahnte in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch), Integration genauso voranzutreiben wie den Kampf gegen Armut. (dpa/so)



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