Arbeitslose Flüchtlinge: Wie zwei Drittel durch die offizielle Statistik fallen

Die Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge ist „besonders irreführend“, schreibt ein Wirtschaftsmagazin: Im April 2017 gab es in Deutschland gerade mal 179.211 arbeitslose „Personen im Kontext von Flüchtlingsmigration“. Wie ist das möglich?
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Symbolfoto: Unterricht für Asylbewerber in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 22. Mai 2017

Wie viele Flüchtlinge sind arbeitslos? Laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl außergewöhnlich niedrig.

Im April 2017 waren es gerade mal 179.211 arbeitslose Migranten. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat dafür im Juli 2016 eine spezielle Statistik eingerichtet. Seit dem Beginn dieser Aufzeichnungen gab es einen Anstieg um rund 27 Prozent, schreibt das Wirtschaftsmagazin „Makronom„. Bemerkenswert ist, dass die Gesamtarbeitslosenzahl in Deutschland im gleichen Zeitraum gesunken ist.

Zwei Drittel der arbeitssuchenden Flüchtlinge sind nicht arbeitslos – wie geht das?

Was die Zahl der arbeitssuchenden Flüchtlinge anbelangt, ist sie stark gewachsen — seit Juli 2016 um rund 48 Prozent auf 475.823 Personen. Das bedeutet, dass fast zwei Drittel der als arbeitssuchend gemeldeten Flüchtlinge nicht als arbeitslos gelten und folglich nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen.

Wie kommt das zustande? Der Grund dafür ist, dass die Statistik der BA nach gesetzlichen Vorgaben zwischen „arbeitssuchend“ und „arbeitslos“ unterscheidet. Folglich ist nicht jeder erwerbsfähige Mensch ohne Arbeit ein Arbeitsloser.

Im Sozialgesetzbuch gilt eine Person als arbeitslos, wenn sie keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und nicht an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnimmt. Das bedeutet, Flüchtlinge, die Sprach- und Integrationskurse, Praktika, Weiterbildungen und Ein-Euro-Jobs nachgehen, gelten offiziell nicht als arbeitslos.

Jeder, der eine Beschäftigung als Arbeitnehmer sucht und das der BA meldet, wird der Kategorie der Arbeitssuchenden hinzugezählt. Das gilt unabhängig vom Beschäftigungsstatus zur Zeit der Meldung. Arbeitslose bilden folglich nur eine Teilmenge der Arbeitssuchenden. Die Grafik von „O-Ton Arbeitsmarkt“ veranschaulicht das:

Zahl der „arbeitslosen“ Flüchtlinge „besonders irreführend“

Bekannt ist, dass die Arbeitslosenzahlen der BA nie alle Menschen ohne Arbeit erfassen, doch die offizielle Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge ist laut „Makronom“ „besonders irreführend“.

Ein Blick auf die Daten vom Januar 2017 zeigt, dass nur 40 Prozent der arbeitsuchenden Flüchtlinge in der Statistik als „arbeitslos“ erfasst wurden. 18 Prozent der Arbeitsuchenden nahmen an verschiedenen Maßnahmen teil und gingen nicht in die Arbeitslosenzahl ein.

Warum fast die Hälfte aller arbeitsuchenden Flüchtlingen offiziell nicht als arbeitslos gelten, geht aus der Statistik nicht hervor. Auf Nachfrage des „Makronom“ stehen Flüchtlinge laut der BA dem Arbeitsmarkt oft nicht zur Verfügung, weil sie sich noch in Maßnahmen befinden oder keine Arbeitserlaubnis haben.

Die Statistik erfasst, wie viele Flüchtlinge an Maßnahmen teilnehmen. Aber wie viele Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis besitzen oder aus anderen Gründen nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, kann nicht eingesehen werden.

Anzahl tatsächlicher Arbeitslosen um die 80.000 höher als gedacht

Eine Arbeitsunfähigkeit oder der Besuch von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen kann auch zur Folge haben, dass diese Personen nicht als „arbeitslos“ gelten. Die Anzahl dieser „de-facto-Arbeitslosen“ könnte die offizielle Arbeitslosenzahl weit übersteigen — mindestens um die 80.000 Menschen, so der „Makronom“.

Jeder Flüchtling, der sich bei einer Arbeitsagentur oder einem Jobcenter arbeitslos oder arbeitssuchend meldet, wird von der Statistik erfasst. Aber diese Flüchtlinge müssen „Personen im Kontext von Flüchtlingsmigration“ sein, die eine „Aufenthaltsgestattung“, eine „Aufenthaltserlaubnis“ oder eine „Duldung“ besitzen.

Personen, die im Rahmen eines Familiennachzugs nach Deutschland migrieren und alle anderen Menschen, die zu „Personen mit sonstigen Aufenthaltsstatus“ zählen, tauchen in der „Flüchtlingsstatistik“ nicht auf.



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