Wenn Spielzeuge erwachsen werden

Mit Toy Story 3 liefert Pixar den krönenden Abschluss einer Trilogie, die bereits mit dem ersten Teil vor 15 Jahren Filmgeschichte schrieb.
Titelbild
Foto: The Epoch Times
Von 3. Juli 2010

Am 29. Juni 2010 präsentierte die INDAC (International Nights and Days of Animation Cologne) um den Journalisten und Trickfilmexperten Johannes Wolters zusammen mit Walt Disney Studios Motion Pictures Germany im Cinestar am Potsdamer Platz in Berlin eine Filmvorführung des neuesten Wurfes der Erfolgsschmiede Pixar.

Vor Fachpublikum mit anschließender Diskussion in Anwesenheit von Produzentin Darla K. Anderson und Regisseur Lee Unkrich wurde Toy Story 3 (offizieller Kinostart in Deutschland ist der 29.07.) vorab aufgeführt.

Die Epochtimes war mit dabei.

Es mutet beinahe unheimlich an, mit wie viel filmischem und tricktechnischem Gespür es Pixar immer wieder schafft, sich selbst mit jedem Film neu zu definieren und niemals langweilig oder eintönig daher zu kommen.

Auch Toy Story 3 ist weit mehr als eine bloße Fortsetzung.

Es ist eine große Geschichte um das Erwachsenwerden und loslassen können.

Der Film wird, wie auch die beiden ersten Teile, aus der Perspektive von Andys Spielzeug erzählt, angeführt von Cowboy Woody und Spaceranger Buzz Lightyear.

Andy ist erwachsen geworden und wird bald aufs College gehen. Schwer fällt ihm der Abschied von seiner Kindheit und seinem geliebten Spielzeug, dessen Zukunft mit Andys Weggang ungewiss ist: Wo soll das Spielzeug nun hin? In die Mülltüte, auf den Dachboden oder als Spende in die Kindertagesstätte zu unbändigen Kleinkindern.

Der computeranimierte 3D-Film räumte in den amerikanischen Kinocharts bereits richtig ab.Der computeranimierte 3D-Film räumte in den amerikanischen Kinocharts bereits richtig ab.Foto: Disney/Pixar

Es beginnt eine rasant und packend erzählte Geschichte mit großen Momenten, die wichtige Themen einfühlsam und emotional anspricht: Angst vor Veränderungen, Liebesverlust und Enttäuschungen sowie das Vertrauen in Freunde und Zusammenhalt werden erfrischend neu und bar irgendwelcher klischeehafter Trickfilmformeln auf filmsprachlich hohem Niveau präsentiert.

Hier merkt man vor allen Dingen Unkrichs filmerischen Hintergrund: Er nimmt die Thematik sehr ernst, ungeachtet des Genres „Animationsfilm“. „Es kam mir darauf an, so wahrhaftig wie möglich zu bleiben. In der ganzen Erzählweise des Films wollte ich die grundlegende Glaubwürdigkeit der Figuren und die Geschichte so ernsthaft und ehrlich wie möglich erzählen.“

Das sei insbesondere deshalb keine leichte Aufgabe gewesen, da der Erfolgsdruck der ersten beiden Teile auf seinen Schultern und denen der Produzentin Anderson lastete. Erleichtert wurde das Vorhaben dadurch, dass der Film von allen  Mitarbeitern von Pixar aus vollem Herzen unterstützt wurde, so der Regisseur:

Von den Veteranen, weil sie mit dem ersten Teil im Jahre 1995 ein Filmgenre erschaffen hatten, und Woody und Buzz irgendwie ein Teil von ihnen geworden waren, und von vielen Junior Animatoren in ihren frühen Zwanzigern, weil der erste Toy Story Film mit dafür ausschlaggebend gewesen war, dass sie überhaupt zum Animationsfilm gekommen waren.

Das Erfolgsrezept von Pixar, so die Produzentin Anderson, sei insbesondere das Loslassen können von Geschichten und Ideen, die nicht funktionieren und im Fall von Toy Story 3 sei ihr das besonders schwer gefallen:

„In der ersten Kreativphase bei der Geschichtenfindung begeben wir uns bei Pixar in eine einsame Hütte ohne Fernsehen in Klausur. Im Grunde genommen hatten wir bereits seit zehn Jahren ein Konzept für einen dritten Teil von Toy Story in der Planung. Als wir also in der Hütte zusammen saßen und die ersten Gespräche über den Film führten, merkten wir innerhalb von vielleicht 20 Minuten, dass unser ursprüngliches Konzept, an dem wir die ganzen letzten Jahre herumgetüftelt hatten, nicht funktionieren würde. Wir beschlossen, es zu kippen. Das war ein Moment an dem ich nahe der Verzweiflung war. Ich hätte schreien können.“ Es sei etwas umständlich gewesen, in der abgeschiedenen Umgebung einen Laptop mit den ersten beiden Teilen aufzutreiben, was aber schließlich klappte und die Teile gaben dann den ersten Anstoß.

Schnell kristallisiert sich der Grundkonflikt um Andys Erwachsenwerden heraus.

Der Rest der Geschichte folgte in einem sehr natürlichen Fluss.

Wir wollten wissen, ob es etwas gäbe, mit dem Unkrich nicht zufrieden ist?

„Ja,“ erwidert er, es gibt tatsächlich eine Stelle, die ihm im Nachhinein auffällt. Unkrich, der nach eigenen Angaben bekennender Fan tibetischer Philosophie ist, meint hierzu, der Film wäre nicht wirklich gut, wenn es nicht auch eine kleine Unebenheit darin gebe:

Im Verlauf der Geschichte wird Buzz in einer Szene in seinen „Spanisch Modus“ umgestellt, woraufhin er nicht nur spanisch redet sondern durchgehend das überkandidelte Verhalten eines Latin Lover an den Tag legt.

Während dieser Sequenzen wird Buzz mit Untertiteln versehen.

In einer spannenden und schnell geschnittenen Szenenfolge öffnet Buzz eine Klappe und ruft: „Abierto!“ („Offen!“). Unkrich befürchtete durch den Untertitel in dieser Szene das Tempo zu sehr zu drosseln und die Aufmerksamkeit des Zuschauers von der Geschichte abzulenken, weshalb er hier den Untertitel weg ließ.

Im Nachhinein findet er jetzt, hätte die Szene konsequenterweise ebenfalls einen Untertitel benötigt.

„Ihr wisst jetzt also“, meinte er lachend, „wenn ihr euch den Film anschaut, dass an dieser Stelle der Regisseur leicht zusammen fährt.“ Ansonsten sei das Team sehr zufrieden mit dem Film.

Kein Film für die Kleinsten

Anzumerken bleiben zwei Dinge:

Zum einen wird der Film in 3D gezeigt, was die Geschichte weder ästhetisch noch inhaltlich voran bringt. Die 3D-Effekte wirken in diesem Fall eher nachträglich hinzu produziert. Der Film würde auch ohne dieses Add on hervorragend wirken.

Zum Zweiten wird der Film äußerst intensiv, schnell und emotional erzählt und ist keinesfalls als reiner Kinderfilm anzusehen.

Einige Szenen sind zu bedrohlich für kleine Kinder und haben einen ziemlich düsteren Unterton.

Einen reinen Kinderfilm zu machen, so Anderson, sei auch nicht das Ziel gewesen. In Amerika, wo der Film sich seit drei Wochen auf Platz 1 der Filmcharts hält, wurde er als „G“ (ohne Altersbeschränkung) eingestuft. Der Film richte sich aber auch an ein erwachsenes Publikum.

Den (Cowboy-) Hut gilt es insbesondere zu ziehen vor der Leistung der Animatoren, die den Figuren nicht nur Leben, sondern sprichwörtlich Seelen eingehaucht zu haben scheinen.

Die zumeist so gut wie ohne Dialog auskommenden Szenen wirken absolut überzeugend.

Dies gilt ganz besonders für das Ende des Films, das unwiederbringlich einen Schlusspunkt unter die Geschichte um das liebenswerte Spielzeug setzt. „Good bye, Partner!“ Der letzte gesprochene Satz lässt wahrscheinlich auch den hart gesottenen Kinogänger nach dem Taschentuch suchen.

Ein absolut zu empfehlender Familienfilm, den man jedoch nicht unbedingt in 3D sehen muss.

Foto: The Epoch Times

 



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