Ukraine-Krise: Widerstand gegen Krieg regt sich, Chaos und Finanzkrise toben

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Eine Anwohnerin schaut auf ein durch Raketenbeschuss zerstörtes Gebäude in Donetsk, am 22. Juli 2014.Foto: Rob Stothard/Getty Images
Epoch Times23. Juli 2014

Krise in der Ukraine und kein Ende: Die fast 300 Opfer des Todesflugs MH17 in der Ostukraine sind kaum geborgen, da bläst Kiew zur Verstärkung für den Bürgerkrieg. Zu Zehntausenden sollen junge Männer und Reservisten in den blutigen Kampf ziehen gegen die prorussischen Separatisten. Und obwohl am Dienstag wieder mehrere Abgeordnete die Verhängung des Kriegsrechts gefordert hatten, lehnt Staatschef Petro Poroschenko dies ab. Dies würde schwere Folgen haben, meinte er: „Außerdem liefert der Internationale Währungsfonds nicht an Länder im Kriegszustand – und wir brauchen das Geld.“

Er redet von „Konfliktlösung“ und treibt den Krieg voran

Also tanzt der frisch vereidigte Präsident auf zwei Hochzeiten: Einerseits bewegt er sich auf eine Ausweitung des Krieges gegen die Separatisten zu, indem er eine beispiellose Teilmobilmachung im Namen des „Schutzes der Unabhängigkeit der Ukraine“ durchführen lässt. Andererseits steht er nicht zu seinen kriegerischen Machenschaften – weil er „das Geld braucht“.

Verhandlungen über einen Frieden mit den von Moskau unterstützten Kräften lehnt er weiterhin ab. Poroschenko, vereidigt Anfang Juni, war angetreten mit dem Versprechen, dem Land Frieden zu bringen. Nun setzt er weiter auf Waffen – vielleicht auch deshalb, weil der Oligarch unter anderem Waffenhersteller ist. Die blutigen Kämpfe in den Regionen Donezk und Lugansk gehen weiter – ungeachtet der Arbeit von Spezialisten, die im Konfliktgebiet den Absturz der Boeing 777-200 vom vergangenen Donnerstag aufklären wollen.

Einberufungsbefehle scheiterten bisher

Poroschenko hofft mit der ersten Teilmobilmachung seiner Amtszeit auf den immer wieder versprochenen schnellen Sieg gegen die „Terroristen“ (so die Sprache der Regierung) im Osten. Mehr als zehn Millionen Männer gibt es in den betroffenen Altersstufen bis 60 Jahren, die nun in den Kampf ziehen sollen. Auch im März und im Mai hatte es Einberufungen gegeben. Doch frühere Versuche, die männliche Bevölkerung zum Kampf zu zwingen, scheiterten auch daran, dass viele Männer sich freikauften. Zwischen 350 und mehr als 1000 Euro sollen Offiziere in Wehrkreisersatzämtern für eine Zurückstellung kassieren.

Chaos in der ukrainischen Armee

Zwar kämpfen in der Nationalgarde und Privatbataillonen von Oligarchen Freiwillige. Der Zustand der Armee gilt aber als erbärmlich und chaotisch. Viele Soldaten klagen sogar über Mangel an Wasser, Nahrung und vor allem über schlechte Kampfausrüstung. Vielfach fehlen Schutzwesten, oder sind keinesfalls so kugelsicher, wie sie eigentlich sein sollten. Verpflegungspakete, die von den USA bereitgestellt wurden, landeten in Online-Shops anstatt bei den Soldaten. Aktivisten berichten, dass vieles von Privatinitiativen gesammelt und unter Lebensgefahr an die Front gebracht werde.

Ungeachtet einer kaum vorhandenen Grundversorgung sollen nun die neuen Einberufungsbefehle verschickt werden. Poroschenkos Mobilmachung dürfte auch damit zusammenhängen, dass nach massiven Verlusten der Regierungseinheiten dringend neue Kräfte gebraucht werden. Im Konfliktgebiet kämpfen prorussische Separatisten weiter für eine Anerkennung der „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk.

Ukrainer fangen an, gegen Krieg zu protestieren

Doch immer mehr Ukrainern missfällt, dass ihr Land nach den proeuropäischen Protesten, die im November vorigen Jahres in Kiew begonnen hatten, immer tiefer im Kriegsgeschehen versinkt. Viele früher Einberufene sind inzwischen seit mehr als vier Monaten im Kampfeinsatz. Ihren Familien fehlen die Einkommen der Männer, zumal der Sold von umgerechnet etwas mehr als 150 Euro nur unregelmäßig kommt. Viele können Kredite für Wohnung oder Auto kaum noch bezahlen.

In den westlichen Landesteilen, die einen Großteil des Blutzolls zu zahlen haben, mehren sich Berichte über verärgerte Angehörige. Sie blockieren Kasernen und Straßen, um den gefürchteten Fronteinsatz der Männer zu verhindern. Die Todeszahlen gehen wohl in die Tausende. Den offiziellen Angaben zu den Opferzahlen glaubt kaum jemand in der Ukraine. Sicherheitsratschef Andrej Parubij bezifferte die Verluste der Regierungstruppen zuletzt auf „mehr als 300 Mann“. Viele sehen darin bloße Schönfärberei.

Das Geld reicht nur noch bis nächste Woche …

Unklar ist, wie die chronisch klamme Ex-Sowjetrepublik die Kosten für die Teilmobilmachung bezahlen will. Finanzminister Alexander Schlapak meint, die „Anti-Terror-Operation“ koste rund 1,5 Milliarden Griwna (etwa 94 Millionen Euro) – und das jeden Monat. Die aktuellen Reserven von knapp 32 Millionen Euro würden demnach für den Krieg noch bis Ende nächster Woche reichen. Die von der Bevölkerung seit März gespendeten mehr als acht Millionen Euro fallen da kaum ins Gewicht.

Der russische Präsident Wladimir Putin kritisierte unlängst, dass die für Reformen gedachten Hilfsgelder des Internationalen Währungsfonds (IWF) an die Ukraine illegal für den Krieg ausgegeben würden. Der IWF will in wenigen Wochen entscheiden, ob eine zweite Tranche von 1,4 Milliarden Euro aus einem Hilfspaket im Gesamtumfang von 17 Milliarden Euro in die Ukraine fließt.

Doch der Krieg wird auch noch in anderer Hinsicht auf Kosten der Bevölkerung ausgetragen: Schon Mitte März hatte der Ukraine die Staatspleite gedroht und der Haushaltsposten für Soziales wurde beschnitten, um Geld für den Krieg zur Verfügung zu stellen. Damals ging es um 708 Millionen Dollar, die dem Militär zufließen sollten. Ministerpräsident Jazenjuk sagte zum benötigten Umfang des Militär-Etats laut Contra-Magazin: „Faktisch müssen wir den Betrag, der im Haushaltsgesetz vorgesehen ist, auf das Zehnfache steigern.“ (dpa/rf)



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