Jeder Franzose soll Organspender werden: Neuer Gesetzesvorschlag erhitzt Gemüter

Titelbild
In Frankreich könnte bald jeder als "hirntot" deklarierte Mensch automatisch zum Organspender werden.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times23. April 2015

In Frankreich könnte bald jeder als "hirntot" deklarierte Mensch automatisch zum Organspender werden, falls er sich nicht  vorher ausdrücklich dagegen gewehrt hat. Dies berichtete die Wirtschaftswoche.

Der Vorstoß der Gesundheitsministerin Touraine wird derzeit jedoch heftig diskutiert. Die Ministerin hat vor wenigen Tagen eine Gesetzesänderung ins Parlament eingebracht, wonach die Zustimmung zur Organ-Transplantation in Zukunft als Regelfall anzunehmen ist. Jeder Franzose würde dadurch, sobald sein Hirntod festgestellt wird, zum Spender. Von einem Eingriff verschont wären nur noch diejenigen, die rechtzeitig bei einer speziellen Datenbank des Staates ein „NEIN“ eingetragen haben. Alles im Dienst der 20.000 Menschen, die in Frankreich aktuell auf eine Organtransplantation warten …

Bernard Debré, Arzt, konservativer Abgeordneter und Ex-Minister unter Mitterrand übte scharfe Kritik an dem Vorschlag: Organentnahme ohne vorherige Zustimmung der Familien sei „unglaublich brutal und inakzeptabel“, schrieb er in einem Kommentar: „Das ist die Verstaatlichung der Leichen.“

Besser sollte man die Franzosen systematisch informieren und dadurch ihre Spendenbereitschaft erhöhen, auch seien Frankreichs Organspende-Register in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt, argumentierte er.

Frankreich experimentierte mit Gesetzten

In Frankreich hatte man schon einmal versucht, die Anzahl von Spenderorganen durch Gesetzesänderungen zu erhöhen, um Menschen schneller und unkomplizierter „verwerten“ zu können, sobald sie in einen todesnahen Zustand geraten. Im Rahmen eines 2007 eingeführten Testlaufs definierte man den „Tod“ in neun Krankenhäusern bereits bei Herzstillstand.

Dies hatte zur Folge, dass im Jahr 2008 ein Mann auf dem OP-Tisch noch rechtzeitig wieder aufwachte, bevor er ein Opfer der Transplantationsmedizin wurde. Der 45-Jährige war in Paris auf offener Straße zusammengebrochen und nach einem Herzstillstand für tot erklärt worden. Die Chirurgen hatten nicht sofort Zeit, sich um den vermeintlich Toten zu kümmern, was sein Glück war: Denn kurz vor der Organentnahme fing sein Herz wieder zu schlagen an, berichtete Spiegel Online.

Zahl der Spender soll steigen, aber wie?

Aktuell läuft in Frankreich der „Plan Greffe 2012-2016“, der am 26. März 2012 verkündet worden war. Mit ihm will Frankreich die Anzahl der Organtransplantationen deutlich erhöhen. Bis 2015 sollen jährlich bis zu 5.700 Transplantationen durchgeführt werden, was einer jährlichen Steigerung von 5 Prozent gleichkäme. Im Zuge des Plans sollen auch mehr lebende Menschen dazu bewegt werden, eine ihrer Nieren zu spenden. Laut Zahlen der Agentur wurden 2010 insgesamt 4.708 Organe transplantiert und nur etwas mehr als ein Drittel aller Wartenden erhielt ein Organ.

Regelungen in Deutschland und Europa

In Deutschland muss ein Mensch hirntot sein, wenn ein Arzt ihm Organe zur Transplantation entnehmen will. Das besagt das Transplantationsgesetz, das Empfehlungen der Bundesärztekammer folgt. Demnach müssen zwei Mediziner, die nicht zum Transplantationsteam gehören, unabhängig voneinander den Hirntod feststellen. Außerdem darf es im EEG keine Anzeichen von Hirnaktivität mehr geben. Allerdings sagen Organspende-Kritiker, das Hirntote keinesfalls tot sind. (Hier ein Interview mit der Soziologie-Professorin Alexandra Manzei, die 15 Jahre lang als Krankenschwester „Hirntote“ betreut hat.“

In den meisten europäischen Ländern gilt derzeit die sogenannte „Widerspruchslösung“. Das heißt, jedem Menschen, der zu Lebzeiten nicht ausdrücklich eine Organentnahme durch Eintrag in einem offiziellen Widerspruchsregister abgelehnt hat, dürfen Organe entnommen werden. Andernfalls haben die Angehörigen nur noch in einigen Ländern die Chance, stellvertretend für den Betroffenen zu widersprechen, sollte kein Eintrag vorhanden sein.

Organspendegegner bemängeln, dass Angehörige nach einem Unfall vom Klinikpersonal zu einer Entscheidung genötigt würden, obwohl sich diese noch in einem Zustand des Schocks befänden.

Wer verhindern möchte, dass er im Falle eines Unfalls oder todesnahen Zustandes in die Hände fleißiger Chirurgen fällt, sollte in der Bundesrepublik Deutschland unbedingt einen Organspendeausweis mit der Entscheidung NEIN bei sich tragen. Dieser Ausweis hat auch in anderen Ländern Gültigkeit. Damit diese Entscheidung auch im fremdsprachigen Ausland verstanden und beachtet wird, veröffentlicht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Reisende ein übersetztes Beiblatt zum Organspendeausweis in allen 23 Amtssprachen der EU. Weitere Informationen kann man hier als PDF finden: Gesetzliche Regelungen in Europa

(rf)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion