Griechenland: Alexis Tsipras gewagtes Spiel oder größte Not?
Einen „ehrlichen Kompromiss“ strebt Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras an, jedoch werde seine Regierung keine „bedingungslose Kapitulation unterschreiben“, sagte Regierungschef Alexis Tsipras am Montagabend bei einer Parlamentsdebatte.
Am Wochenende gab es „die Reformliste“ aus Athen. So ganz trauten die Empfänger ihren Augen nicht, der Text war nicht einmal aus dem Griechischen übersetzt. Mit den Sparvorschlägen hatte Athen die Finanzminister der Eurostaaten überzeugen wollen, einen Teil der 7,2 Milliarden Euro freizugeben, die das Land dringend braucht, um nicht in den Staatsbankrott zu schlittern.
Führende EU-Politiker haben daraufhin die griechische Regierung vor den entscheidenden Verhandlungen um die Auszahlung von Milliardenhilfen scharf kritisiert und sie vor Erpressungsversuchen gewarnt. Der „Bild“ (Montag) sagte der stellvertretende EU-Parlamentspräsident Alexander Graf Lambsdorff: „Es reicht nicht, angebliche Reformen auf dem iPad zu präsentieren – und dann auch noch auf Griechisch. Und wir lassen uns auch durch angebliche Verhandlungen mit Russland nicht erpressen. Ohne feste Zusagen und überprüfbare Reformen gibt es kein Geld.“
Der CDU-Außenpolitiker Elmar Brok sprach von einer „letzten Chance“ für Griechenland. „Es ist Griechenlands letzte Chance, der EU endlich etwas zu liefern. Sie sollten jetzt nicht andere Partner ins Spiel bringen. Russland kann nicht einmal der eigenen Bevölkerung eine Perspektive bieten. Wie denn dann der griechischen“, fragte Brok.
Auch Bundestagsabgeordnete kritisierten die schleppenden Verhandlungen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, sagte gegenüber der Zeitung: „Die Griechen wollen etwas von uns. Deshalb sind sie gut beraten, sich Mühe zu geben und Dokumente vorzulegen, die für alle nachvollziehbar sind – und zwar schnell. Denn die Zeit läuft jetzt davon.“
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach bekräftigte: „Zwar ist der Inhalt wichtiger als die Form, aber bei der Art der Präsentation stellt sich erneut die Frage, ob diese Regierung tatsächlich den notwendigen Reformwillen hat und an ernsthaften Verhandlungen mit der Eurogruppe interessiert ist.“
Tsipras findet EU-Sanktionspolitik gegen Moskau „sinnlos"
Da hatte Tsipras die Sanktionspolitik der EU gegen Russland schon längst als „sinnlos“ bezeichnet. Die EU-Sanktionspolitik führe in eine Sackgasse, sagte Tsipras im Gespräch mit der russischen Nachrichtenagentur Tass. Die neue Regierung in Athen stimme den EU-Sanktionen gegen Russland nicht zu, so Tsipras weiter.
„Ich unterstütze den Standpunkt, dass wir am Verhandlungstisch Lösungen für die Probleme finden müssen und die Notwendigkeit für einen Dialog und Diplomatie besteht.“ Der griechische Ministerpräsident wird in der kommenden Woche zu Gesprächen in Moskau erwartet und soll dort unter anderem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen.
Die frühere Athener Regierung habe sich zwar den „sinnlosen“ Maßnahmen angeschlossen, sagte Tsipras, der EU-Spitze habe er aber gesagt, dass Athens Position sich ändern könne. Russen und Griechen seien enge Verbündete. „Unsere Nationen hatten brüderliche Beziehungen geschmiedet, als sie in einem kritischen historischen Augenblick einen gemeinsamen Kampf führten“, sagte der Regierungschef mit Verweis auf den Widerstand gegen Nazi-Deutschland.
Russland hatte der neuen griechischen Regierung Hilfe zugesagt. Sollte Athen um Unterstützung bitten, werde Moskau dies prüfen, hatte Außenminister Sergej Lawrow gesagt. In früheren Berichten hieß es, Athen könnte am 9. April das Geld ausgehen. Einen Tag zuvor ist Tsipras in Moskau.
Schmusekurs mit Russland und China?
Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten meldeten, dass der Energieminister Griechenlands am Dienstag sagte, die großen russischen Energie-Riesen würden an einer griechischen Ausschreibung für Tiefsee-Öl- und Gasförderung teilnehmen. Dabei ginge es um 20 Offshore-Blöcke im Ionischen Meer und südlich der Insel Kreta. Athen hatte das Bieterverfahren um zwei Monate verlängert, um auch russischen Investoren eine Chance zu geben.
Außerdem hätte Mark Mobius vom US-Investor Franklin Templeton in einem Interview mit Naftemporiki Daily gesagt, dass die Privatisierung von Staatseigentum die Grundlage für Griechenland sei, um ausländische Investoren ins Land zu ziehen. Er will die Griechen dazu motivieren, ihre Priorität nicht auf russische, sondern auch chinesische Konzerne zu legen. „Verkauft eure Unternehmen an die Chinesen. Verkauft Häfen und Eisenbahnen. Fürchtet euch nicht vor ihnen (…) Sie haben Unmengen an Kapital und wollen profitable Unternehmen aufbauen“, so Mobius.
Quo vadis Griechenland?
(rls)
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