China: Warum die Partei der Wirtschaftsreform im Weg steht

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Bei der Ankunft der Parteifunktionäre zum 3.Plenum am 9. November stand auch viel Sicherheitspersonal herum.Foto: Mark Ralston AFP / GEtty Images
Von 11. November 2013

Analyse

Am Wochenende begann mit dem „3. Plenum des Zentralkommitees“ eines der wichtigsten politischen Meetings der Kommunistischen Partei Chinas. Die Staatsmedien feiern es als „entscheidenden Wendepunkt“ für Chinas angeschlagene Wirtschaft, deren Wachstum immer noch viel zu abhängig von Regierungsinvestitionen ist.

„Parteichef Xi Jinping werde mit Entschlossenheit – und strikt dem Grundprinzip der Einparteienherrschaft verplichtet – eine Reihe von Reformen in Kraft setzten und Chinas künftigen Wohlstand sichern“, verkünden die Sprachrohre. “Eine neue Ära des Fortschritts durch Stabilität“ nannte dies eine Schlagzeile, wobei mit “Stabilität” die Vorherrschaft der Partei gemeint war.

Doch wird genau diese ungeteilte Macht der Partei, die über Gesetz und jegliche Rechenschaftsplicht erhaben ist, das Haupthindernis für eine echte Veränderung in China sein, schätzen Experten.

“Die Agenda des Meetings berührt nicht den Kern von Chinas Wirtschaftsproblemen. Deshalb wird sie das Problem nicht lösen”, so Cheng Xiaonong, ein Wirschaftsexperte, der bereits für Chinas Staatsspitze gearbeitet hat und heute in den USA lebt.

Es fehlt am Konsum

Chinas aktuell größtes Problem ist, dass der Binnenkonsum nicht stark genug ist. Er machte zwischen 2009 bis 2012 nur 36 Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus, so die Weltbank. In Amerika liegt er über 70 Prozent. Der einzige Motor des chinesischen Wachstums waren bisher Investitionen. Im Jahr 2012 lagen sie bei 46 Prozent des BIPs, laut dem CIA Factbook – und meist wurden sie mit Bankdarlehen finanziert.

Die Banken verleihen Geldmittel an Staatsunternehmen und Regierung. Damit entstehen Städte, Einkaufszentren, Flughäfen und Wolkenkratzer, Autobahnen und Eisenbahnstrecken. Oft sind die Riesenprojekte überproportional und stehen ungenutzt herum – als Investitionen, die sich nie auszahlen.

Darlehen sind auch das Allheilmittel, um die ineffizienten Staatsfirmen am Laufen zu halten. Der chinesische Wirtschaftsfachmann Hong Sheng veröffentlichte neulich einen Artikel in einem Fachmagazin unter der Überschrift “Das Volk das ganzen Landes zahlt für die Staatsunternehmen.” Obwohl sie eine oligarchische Kontrolle über profitable Industriezweige ausübten, hätten die Staatsunternehmen der Öffentlichkeit noch nicht einen Cent zurückgezahlt, schrieb er darin. Stattdessen hätten die Staatsfirmen seit Mitte der 90er Jahre Subventionen von über 100 Milliarden Yuan (12,5 Milliarden Euro) erhalten. Die beschränkten Ressourcen werden somit dort abgezogen, wo sie dringend gebraucht werden.

Schere zwischen Arm und Reich

Damit einher geht ein weiteres Problem: Die Kapital-Konzentration.

Wer Beziehungen zum Staat hat, lässt Geld in seine eigene Tasche wandern und häuft Vermögen an, während ein Großteil der Bevölkerung händeringend nach vernünftig bezahlten Mittelklassejobs sucht.

Extrem ungleichmäßige Vermögensverteilung ist die Folge. Zum Beispiel arbeiten aktuell 83 Milliardäre im Verwaltungsapparat der Kommunistischen Partei (KPCh). Wegen des schwächelndem Wachstums kann unmöglich jeder noch reicher werden – also muss sich die Partei überlegen, wie sie das riesige Vermögen umverteilen kann, um das Volk konsumfähig zu machen. Mit anderen Worten, das Geld muss der Partei-Elite weggenommen werden und in die Tasche des gemeinen Mannes. Nur wie?

Der auf China fokussierte Wirtschaftsexperte Michael Pettis schrieb in einem Blog-Post “Die einzige relativ schnelle Möglichkeit, die chinesische Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bekommen ist, … Geld vom Staatssektor auf den Haushaltsektor umzuleiten, was nicht einfach sein dürfte.” Das soetwas überhaupt durchsetzbar ist, bezweifeln Cheng Xiaonong und viele andere Skeptiker. “Die polarisierte Vermögensverteilung ist durch das politische System geschützt”, so Cheng.

„Kommunistische Kapitalisten“

Beobachter beschäftigen aktuell zwei Fragen: Hat Xi Jinping genug politische Macht, um sein Reformpaket in Chinas reform-restitenter und korrupter Bürokratie durchzudrücken?

Und wenn ja: Wie will er es schaffen, mit den „rechtmäßigen Interessen“ derer fertigzuwerden, die gerade noch prächtig am Status Quo der chinesischen Wirtschaft verdienen?

Man dürfe aber einen weiteren Faktor nicht außer Acht lassen, meint Cheng Xiaonong: Xi Jinping selbst gehört zu jenem Machtsystem und wird deshalb an Privilegien- und Machterhalt der Partei interessiert sein.

“Solange sich die kommunistische Elite weiterhin in der jetzigen Position befindet, wird sie weiterhin das Geld in der Hand haben und das Volk wird keine Chance haben, Konsumgüter zu kaufen“, so Cheng. “Meiner Ansicht nach sind das alles kommunistische Kapitalisten.”



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