So dient die WM als Ausrede für totale Überwachung (VIDEO)

Titelbild
Eine gigantische Überwachungszentrale ist vor der WM in Rio entstanden – und wird auch in Zukunft die Einheimischen kontrollieren.Foto: Screenshot Vice News / Youtube
Epoch Times2. Juli 2014

Nur wenige Einheimische haben es bisher bemerkt: Im Vorfeld der Fußball-WM entstand in Rio de Janeiro eine gigantische Überwachungszentrale – das „Centro Integrado de Comando e Controle“, kurz „CICC“. Diese Militärbasis mit 98 Terabytes Speicherkapazität wurde unter dem Vorwand der Absicherung der WM errichtet. Doch über die Bildschirme des CICC flimmert keineswegs Fußball: Hier laufen die Bilder von rund 600 Überwachungskameras ein, die in der Stadt installiert wurden. Die Verkehrssituation in Rio wird damit kontrolliert heißt es. Für die Einwohner eine massive Bedrohung ihrer Freiheit.

Reporter gingen in die Favelas

Eine englischsprachige Doku von Vice News untersucht auf Youtube den brasilianischen Überwachungswahn (Video siehe am Ende dieses Artikels). Unter dem Motto „Contra A Copa: The other Side of the Brasilian Worldcup“ wurde die gesellschaftspolitische Situation rund um die WM unter die Lupe genommen. In Folge 3 findet sich ein Bericht über das gigantische CICC – und die Geschichte einer vor zweieinhalb Jahren „befriedeten“ Favela, die seitdem unter permanenter Überwachung durch Kameras lebt.

Die „Befriedung der Favelas“ bedeutete nichts anderes, als Gebiete, die der brasilianische Staat seit 30 Jahren sich selbst überlassen hatte, wieder unter Kontrolle zu bringen. Mit Mitteln der urbanen Kriegsführung knöpften Polizei und Militär in mehreren Schritten den herrschenden Banden ihre Hoheitsgebiete ab. Mit welchen Mitteln, zeigt Teil 2 der Reportage, die hinter die Kulissen der „Pacifying Police Units“ (PPC) schaut.

[–WM wird zum Aufhänger für Überwachung und Kontrolle–]

Dass Brasilien Veränderungen in Sachen Sicherheit und Infrastruktur bräuchte, war eine Auflage, welche die FIFA an die Vergabe der WM knüpfte. Für Rio de Janeiro bedeutete das einen Untergrund-Krieg der Polizei gegen Drogenkartelle. Im Größeren wurde damit ein Krieg gegen unzufriedene Favela-Bewohner gerechtfertigt, der Tote auf beiden Seiten forderte. Polizisten wurden ermordet, sogar ein Polizeihubschrauber abgeschossen.

Die Protestwelle gegen die WM war Anfang April auf den Rest des Landes übergeschwappt: Im Norden von Rio, nur vier Kilometer vom WM-Stadion entfernt, hatten 8000 Familien ein verlassenes Telekom-Gebäude besetzt. Als dieses im April 2014 geräumt wurde, kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen und der Ruf „Es wird keine WM geben!“ wurde zum Sprechchor der Demonstranten im ganzen Land – speziell in den Favelas.

Menschen mit zweierlei Maß gemessen

Ein anonymer Bandenangehöriger kommt im Film zu Wort, der findet, dass von der WM vor allem die Reichen profitieren: „Gestern sah ich in den Nachrichten, wie eine Frau ihr Baby auf der Straße bekam. (…) In einem Land, das groß genug ist, eine WM auszurichten, sollte so etwas einfach nicht passieren.“

Der Rapper Weelf führt die Reporter durch die Favela da Hocinha – eine der größten Favelas in Südamerika. Er persönlich findet seine Community friedlich. Die Polizei habe jedoch durch Überwachungskameras ein Konzentrationslager daraus gemacht, so Weelf. Er als Einheimischer habe schon zweimal darum gebeten, die Kamera-Aufnahmen als Beweismittel dafür heranzuziehen, dass die Polizei ihm Unrecht getan habe – vergeblich.

Das in Überwachungstechnik investierte Geld hätte man doch besser in dringend benötige Infrastruktur-Maßnahmen stecken können, so die Doku, die gleich darauf ins Superhirn der Kommandozentrale CICC umschwenkt.

[–Bilder aus 600 Kameras–]

Hier laufen unter der Führung der Militärpolizei die Bilder aller rund 600 Überwachungskameras zusammen. Außerdem werden ständig Twittermeldungen und Google-Ergebnisse ausgewertet. Der Bau dieser Kontroll- und Kommando-Zentrale kostete 15 Millionen Dollar – gerechtfertigt wurde er durch die Sicherheitsbedürfnisse der WM und der Olympischen Spiele, die 2016 in Rio stattfinden werden. Dabei haben die wenigsten Einwohner Rios die Existenz dieser Einrichtung überhaupt bemerkt, so die Reporter. Nach außen wird das CICC außerdem als Tool zum Regulieren der Verkehrsituation in der Mega-Metropole verkauft.

Der Zuschauer nimmt an einer Führung durch das Superhirn der Datenmacht teil, sieht gigantische Server und Bildschirm-Wände. „Wenn ein WM-Tourist den Notruf auslöst, kann er hier von der Polizei sofort lokalisiert werden“, erzählt ein CICC-Mitarbeiter. Im Fall von Protesten können Video-Aufnahmen, die per Hubschrauber gemacht werden, dort in Echtzeit gesehen werden. Ein wirksames Tool zur Überwachung der Favelas, die sich rund um das Stadion befinden. 98 Terabytes Speicherkapazität hat das Serverzentrum aktuell, weitere 130 Terabytes sind in Planung.

Kommt noch mehr Einschränkung der Grundrechte?

Keine Frage, das Center könnte bei der Unterdrückung von Protesten und sozialen Unruhen in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen. Falls Brasiliens umstrittener Antiterror-Gesetzentwurf verabschiedet werden sollte, der Proteste in Zukunft für illegal erklären und Unruhestiftern mit Haftstrafen von 15 bis 30 Jahren drohen will, wäre die Diktatur perfekt.

Bisher hatte der Schatten von Brasiliens Vergangenheit – die Erinnerung an die Militärdiktatur – solche Antiterror-Gesetze verhindert. Denn die meisten Brasilianer sind strikt dagegen, dass das Militär wieder mehr Macht im Land übernimmt, was ein wichtiger Punkt bei den Protesten im Umfeld der WM war. (rf)

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(Quelle Vice News / rf)

http://www.youtube.com/watch?v=ZUlY9azsDsQ



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