Verurteilt wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ gegen Falun Gong

Im Prozess gegen den 55-jährigen chinesischen Arzt Dr. Z., der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kam es am 8. Juni vor dem Oberlandesgericht in Celle, Niedersachsen, zu einem Urteilsspruch wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit.
Titelbild
Das Haus des Oberlandesgerichts in Celle, Niedersachsen.Foto: Renate Lilge-Stodieck
Von 10. Juni 2011

Dr. med. Z., jahrelang ein Falun Gong-Praktizierender, hatte zu Beginn des Prozesses Ende Mai 2011 – wir berichteten darüber – in einer schriftlichen Erklärung vor Gericht gestanden, dass er E-Mail-Nachrichten und Adressen der deutschen Gruppe von Falun Gong-Praktizierenden an einen hohen Beamten des Geheimdienstbüros 610 in China übermittelt habe sowie Hunderte von Seiten schriftlicher Berichte über Falun Gong.

Dazu muss man wissen, dass die Staatsanwaltschaft schon in ihrer Anklageschrift bei der Eröffnung des Verfahrens den deutschen Verfassungsschutz zitiert hatte: „Die chinesische Regierung diffamiert die als größte Gefahren für die eigene Macht bewerteten Personengruppen als so genannte ‚Fünf Gifte’. Sie bekämpft diese nicht nur in der Heimat, sondern späht auch die in Deutschland lebenden Anhänger aus. Betroffen sind vor allem die von China des Separatismus verdächtigten Uiguren und Tibeter sowie die Angehörigen der Meditationsbewegung Falun Gong. Darüber hinaus betrachtet die Kommunistsche Partei Chinas (KPCh) auch Mitglieder der Demokratiebewegung und Befürworter einer Eigenstaatlichkeit Taiwans als Staatsfeinde.“

Die Bewertung

Ohne eine Anhörung von Zeugen – es trat kein einziger in dem ganzen Verfahren auf – begann der letzte Verhandlungstag sofort mit den Schlussplädoyers. Die Staatsanwaltschaft wies darauf hin, dass der Angeklagte trotz seiner behaupteten altruistischen Motive durchaus auch eigene Motive verfolgt habe, wie die Erlangung eines Visums für China, was ihm als Falun Gong-Praktizierendem verwehrt worden war.

Er hatte nämlich behauptet, dass die von ihm weitergegebenen Informationen ganz uneigennützig den chinesischen Kommunisten klarmachen sollten, dass „die blutige Niederschlagung von Falun Gong ein Fehler“ war und dass er, Z., mit seinen „Informationen“ zu einem Ende der Verfolgung beitragen wollte. Aber tatsächlich geködert wurde er vom chinesischen Geheimdienst laut Spiegelbericht vom 28. Juni 2010 mit einem „Forschungsprojekt“, das sich wissenschaftlich mit Meditation beschäftigte. Für den Arzt möglicherweise ein durchaus lukratives Projekt.

Angesichts der Dauer und der Intensität der geheimdienstlichen Agententätigkeit sprach die Staatsanwaltschaft jedoch verwundert von einer „eigentümlichen Anmutung einer sich selbst überschätzenden und realitätsfernen Wahrnehmung“ des Angeklagten, die etwas „absurd“ erschiene.

Sie plädierte zwar für eine Verurteilung nach §99 StGB, aber gleichzeitig nur für eine Verwarnung mit Strafvorbehalt. Dazu heißt es im Strafgesetzbuch §59: Hat jemand eine Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen verwirkt, so kann das Gericht ihn neben dem Schuldspruch verwarnen, die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten.

Rechtsanwalt Otto Schily folgte in seinem Plädoyer derselben Linie und hob besonders die schwierige Kindheit seines Mandanten während der kommunistischen Kulturrevolution hervor, aber auch seine Integration in Deutschland. Nach einem Seitenhieb auf den früher – als Innenminister – ihm unterstellten Verfassungsschutz, der nach seiner Meinung zu lange beobachtet und ermittelt habe, schloss er sich dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft an und bedankte sich für einen fairen Prozess. Das tat auch der Angeklagte in seinem Schlusswort.

Das Urteil

Die Richter des 1. Staatsschutzsenats des Oberlandesgerichts Celle kamen am 8. Juni 2011 zu folgendem Urteil nach §99 und §59 des deutschen Strafgesetzbuches:

„Der Angeklagte wird der geheimdienstlichen Agententätigkeit für schuldig gesprochen. Er wird deshalb verwarnt. Die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 150 Euro bleibt vorbehalten. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Daneben wurde ein Bewährungsbeschluss erlassen. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgelegt. Als Bewährungsauflage muss der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 15.000 Euro an amnesty international zahlen.“

Verfassungsschutzbericht 2009

Chinas Spionagetätigkeit in Deutschland betrifft sowohl Wirtschaftsspionage als auch Personengruppen, die den kommunistischen Machterhalt im eigenen Land bedrohen. Dazu heißt es im deutschen Verfassungsschutzbericht 2009 unter anderem: „Von besonderem Interesse sind vor allem Kontaktpersonen, die nicht nur Zugang zu sensiblen Informationen haben, sondern auch die ‚Abschöpfung’ von Kontaktpersonen, die ein gesteigertes Verständnis für die Interessen der Volksrepublik erkennen lassen. Die Nachrichtendienstangehörigen bemühen sich um eine persönliche Beziehung, die sie durch wiederholte Treffen, Einladungen zu Restaurantbesuchen, Geschenke und persönlichen Zuspruch zu einer scheinbar freundschaftlichen Verbindung ausbauen. In einem langfristigen Prozess ‚kultivieren’ sie interessante Wissensträger, damit diese ihren vermeintlichen Freunden einen Gefallen erweisen oder sensible Informationen preisgeben.“

Stellungnahme vom Deutschen Falun Dafa Verein

ManYan Ng, der Vorsitzende des Deutschen Falun Dafa Vereins e.V., gab gegenüber der Epoch Times folgende Stellungnahme ab: „Vom Verein der Falun Gong-Praktizierenden aus gesehen ist es gut, dass die deutschen Behörden gegen den Spion vorgegangen sind. Sie fanden den Beweis, dass die KP Chinas Falun Gong auch im Ausland verfolgt. Ich fürchte, dass Z. nicht der einzige Spion ist.

Was mich traurig macht, ist die naheliegende Vermutung, dass seine Weitergabe von Namen und Informationen an die chinesische ‚Stasi‘ zu noch gezielterer Verfolgung von Falun Gong-Praktizierenden in China geführt haben kann, vielleicht auch zu ihrem Tod. Auch wenn er das nicht wollte und wenn man das von Deutschland aus nicht beweisen kann.“

 

 

 



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